Faszination Fortnite
Woher der Hype um das umstrittene Videospiel kommt
Millionen Teenager starrten zu Wochenbeginn auf ein schwarzes Loch.
Das war in der Mitte jenes Games aufgegangen, das zum weltweiten Phänomen, zum lukrativen Betätigungsfeld von eSportlern und zum Sorgenfokus vieler Eltern geworden ist. Fortnite heißt es (das Game, nicht das Loch). Es geht darin um einen Überlebenskampf auf einer Insel.
Das schwarze Loch, das sich anstelle des Spielfelds auftat, war Teil des Marketings für das Spiel. Es markierte das Ende der vorigen „Staffel“– wie beim Fernsehen – des Games. Es ist, zur Erleichterung der Gamer, inzwischen wieder verschwunden. Dass das alles überhaupt ein Thema ist, über das u.a. das renommierte Wirtschaftsmagazin Forbes quasi live berichtete, zeigt: Fortnite ist ein Popkulturphänomen, in der Lebenswelt vieler Menschen vergleichbar mit einem Blockbuster im Kino.
Nur dass die Games-Branche längst mehr Geld macht als Hollywood und die gesamte Musikindustrie zusammen.
Milliarden-Jackpot
Für den US-Hersteller Epic Games entpuppte sich Fortnite als Super-Jackpot. Das 2017 gestartete, zunächst eher mäßig erfolgreiche Spiel für PC und Konsolen sprengte im Vorjahr vor allem durch die mobile Verbreitung alle Rekorde. Epic hat rund 3 Mrd. Dollar (2,6 Mrd. Euro) Gewinn erwirtschaftet, wovon 2 Mrd. allein auf Fortnite entfallen sein sollen. Die Profite kommen vor allem von s genannten InGame-Käufen, also zusätzlichen Funktionen wie neue Tänze, Outfits oder diverse Spielcharaktere. Jeder dritte Fortnite-Spieler kauft regelmäßig solche „Goodies“ein. Im Schnitt betragen die Ausgaben pro Spieler rund 80 Euro. Im Herbst 2018 schnellte der Börsenwert des Entwicklerstudios laut Wallstreet Journal auf 15 Mrd. Dollar in die Höhe. Ein Nutznießer: der chinesische IT-Riese Tencent (WeChat-Entwickler), der 2012 mit 330 Mio. Euro bei Epic einstieg und 40 Prozent der Anteile hält. Der Rest befindet sich vor allem in Händen von Finanzinvestoren, auch Walt Disney hält Anteile.
Extremismus und Sucht
Die Hype von Fortnite ist jedoch am Abklingen, die digitalen Käufe gingen heuer deutlich zurück. Zudem ist Epic heiklen Vorwürfen ausgesetzt. Damit die Spieler zahlungswillig bleiben, würden in den Spielen süchtig-machende Mechanismen eingesetzt, behauptet eine Anwaltskanzlei in Kanada und bereitet eine Sammelklage vor. Konsumentenschützer der deutschen Stiftung Warentest fanden zudem bedenkliche Spielernamen wie „Judentöter“und „Sieg Heil“. In Deutschland kocht die Debatte, ob Games zu Gewaltausbrüchen beitragen, gerade wieder hoch. Viele Eltern fragen sich, wie sie ihren Kindern verantwortungsvollen Umgang mit Games beibringen können. Games selbst jedenfalls sind die derzeit vorherrschende Popkultur – aber ein schwieriger Markt. Der gesamte Gaming-Markt war laut des Marktforschers SuperData Research im Vorjahr rund 120 Milliarden Dollar schwer, wobei 80 Prozent auf Titel entfielen, die frei verfügbar waren. Fortnite war das umsatzstärkste Spiel für PC und Konsolen. Aber auch bei der Fortnite-Konkurrenz läuft das Spiel nicht mehr ganz so rund. Der milliardenschwere Videospiele-Anbieter Activision Blizzard („Call of Duty“) baut im großen Stil Stellen ab. Der Vorjahresumsatz von 7 Mrd. Dollar soll heuer auf 6 Mrd. Dollar sinken. Und Spielegigant Electronic Arts (EA) ist mit seinen Klassikern wie „FIFA“oder „Battlefield“in die Jahre gekommen und hat den Battle-Royale-Spieltrend um Fortnite schlicht verschlafen.