Wohnheim sperrt nach Bluttat zu
Grenzort wehrt sich nach zwei Bluttaten eines 33-jährigen Afghanen gegen Flüchtlingsunterkunft
Oberösterreich. Nach dem Amoklauf von Wullowitz wird das Land das Flüchtlingswohnheim schließen.
Die tödliche Messerattacke eines afghanischen Asylwerbers hat die kleine oberösterreichische Grenzgemeinde Leopoldschlag vier Jahre in die Vergangenheit zurückgeworfen. Montagnachmittag hat der 33-jährige Jamal A. zuerst wie von Sinnen auf einen Flüchtlingshelfer eingestochen und ihn lebensbedrohlich verletzt. Wenig später tötete er einen 62-jährigen Landwirt. Das örtliche Asylheim im kleinen Örtchen Wullowitz wurde damit nach vier Jahren wieder zum viel diskutierten „Hort des Unheils “im Gemeindeleben.
In dem Flüchtlingsheim war am Montag der Rotkreuz-Betreuer David H. (32) von dem Afghanen angeblich im Zuge eines Streits über Arbeitseinsätze lebensgefährlich verletzt worden. Andere afghanische Asylwerber und ein Ukrainer warfen sich dazwischen, als Jamal A. dem Rotkreuz-Mann das Messer in den Hals stechen wollte. Drei von ihnen wurden leicht verletzt. „Alle Afghanen sind nicht gleich. Der Mann wollte David töten, wir haben geholfen“, erzählt ein 22-jähriger Afghane am Dienstag dem KURIER beim Besuch im Flüchtlingsheim.
Der Angreifer flüchtete dann mit einem Fahrrad und traf auf dem wenige hundert Meter entfernten Bauernhof auf den 62-jährigen pensionierten Landwirt Franz G. Jamal A. soll ihn mit mehreren Stichen getötet und mit seinem Auto davon gefahren sein. Die Großfahndung der Polizei, in der alle Spezialeinheiten eingesetzt waren, beendete den Amoklauf: „Dank zweier konkreter Zeugenaussagen konnte der Verdächtige am Montag um 21.30 Uhr am Bulgariplatz in Linz im Auto festgenommen werden“, schildert oö. Landespolizeidirektor Andreas Pilsl am Dienstag.
Empörung
In Leopoldschlag sorgt die noch am Abend bekannt gegebene Verhaftung des mutmaßlichen Täters nicht wirklich für Beruhigung: „Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Die Reaktionen auf die Geschehnisse sind extrem erregt“, sagt Bürgermeister Hubert Koller, ÖVP.
Das Flüchtlingswohnheim im alten Zollamtsgebäude, direkt am viel befahrenen Grenzübergang Wullowitz, sei der Gemeinde 2015 über die Quotenregelung vom Land zugewiesen worden. Bis zu 33 Asylsuchende wurden dort bereut. „Heute sind es rund 20. Wullowitz hat mit ihnen insgesamt 60 Einwohner“, erklärt Koller. Schon 2015 gab es Proteste und auch eine Unterschriftenaktion. „Ich habe heute im Integrationsbüro beantragt, dass es geschlossen wird“, erklärt der sichtlich mitgenommene Ortschef.
Unauffällig
Die Tragödie um den schuldlosen Franz G., der mit seiner Schwester am Hof lebte, sei nicht fassbar. Über den mutmaßlichen Täter, der mit der Lebensgefährtin und zwei Kleinkindern in Leopoldschlag lebt, gäbe es wenig Auffälliges zu berichten. Früher habe er sogar im AltstoffSammelzentrum der Gemeinde mitgearbeitet, sei aber zuletzt unzuverlässig geworden. Bei Begegnungen sei der Mann jedes Mal „äußerst freundlich“, gewesen.
Im nicht weit entfernten Wullowitz sind die Nachbarn des getöteten Bauern und des Flüchtlingsheims zornig: „Ich bin sprachlos. Fragen Sie bei der Landesregierung nach“, ist zu hören. Mit dem mutmaßlichen Mörder gearbeitet hat der Wullowitzer Gemeindebedienstete und FPÖ-Gemeinderat Josef Schimpl. Die Tat kam für ihn völlig unerwartet: „Wir sind sehr betroffen“, trauert er um seinen Nachbarn. Das Heim selbst haben er und die Wullowitzer anfangs stark kritisiert. „Nicht aus Gegnerschaft zu Flüchtlingen. Aber hier fehlt einfach jegliche Infrastruktur. Für jeden Arztbesuch und jeden Deutschkurs mussten die Bewohner transportiert werden“, kritisiert Schimpl.
Dienstagvormittag machten Wullowitzer ihrem Unmut auch am Gemeindeamt Luft. Später gaben dann das Rote Kreuz und Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) bekannt, dass das Heim geschlossen und die Bewohner in andere Unterkünfte verlegt werden. „Das Quartier wäre ohnehin im ersten Quartal 2020 geräumt worden. Wir wollen keinerlei Risiko eingehen“, erklärt Anschober. Er veranlasste auch, dass die Lebensgefährtin des Verdächtigen, den die Polizei Dienstagnachmittag mit einem Dolmetscher zur Tat und zum Motiv des Täters einvernahm, mit den Kindern aus Leopoldschlag in eine andere sichere Unterkunft übersiedelt wurde.
„Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Die Reaktionen auf die Geschehnisse sind extrem erregt.“Hubert Koller ÖVP-Bürgermeister
„Ich bin kein Gegner von Flüchtlingen. Aber hier fehlt einfach jegliche Infrastruktur.“Josef Schimpl FPÖ-Gemeinderat