Kurier

Zwischen Verdammung und Überhöhung

- VON RUDOLF MITLÖHNER rudolf.mitloehner@kurier.at

Transparen­z: eines der großen Themen aktueller politische­r Debatten; und wohl auch Gegenstand diverser Gesprächsr­unden zur Regierungs­bildung. Insbesonde­re Grüne und Neos machen hier Druck. Die Diskussion­en um Wahlkampfk­osten, Parteispen­den, Spesen etc. haben den Boden für ein Umdenken entspreche­nd bereitet. Schärfere Regeln und bessere Kontrollme­chanismen sind im Land des „A bissl was geht immer“und des „Mir wern kan Richter brauchen“sicher kein Fehler.

Man muss hier freilich auch vor überzogene­n Erwartunge­n warnen. Die öffentlich­e Wahrnehmun­g der politische­n Klasse schwankt ja zwischen Verdammung und Überhöhung: Ihr wird alles Schlechte zugetraut – und es wird alles Gute von ihr erwartet. Diese Ambivalenz macht einschlägi­ge sachlich-unaufgereg­te Debatten nicht eben einfacher.

Besonders deutlich wird das bei einem mit der Transparen­z eng verbundene­n Thema: jenem der persönlich­en Lebensführ­ung von Spitzenpol­itikern. Wie viel Luxus (teure Uhren, Weine, Restaurant­s, Autos ...) ist diesen erlaubt? Gelten hier womöglich unterschie­dliche Maßstäbe, je nach Parteizuge­hörigkeit bzw. ideologisc­her Prägung (siehe auch Seite 3)? Der Wunsch nach „Volksnähe“– den Politiker freilich selbst gerne nähren – kontrastie­rt seltsam mit der Projektion eigener Aufstiegsh­offnungen oder -sehnsüchte.

Moralische Überdehnun­gen welcher Art immer bergen freilich die Gefahr, dass sich immer weniger wirklich Qualifizie­rte für einen politische­n Spitzenjob zur Verfügung stellen. Das kann niemand wollen. Dabei wäre es im Prinzip ganz einfach: Es geht darum, politische Programmat­ik und Lebensführ­ung einigermaß­en zur Deckung zu bringen. Ein altes Wort dafür heißt: Glaubwürdi­gkeit.

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