Kurier

Die SPÖ und ihr Luxus-Problem

Warum regen gerade der Porsche und die Luxusuhren der SPÖ-Politiker die Öffentlich­keit auf?

- VON IDA METZGER

Es ist nicht das erste Mal, dass über Politiker und ihre Faible für sündteuere Porsche-Modelle diskutiert wird. Man erinnere sich nur an das legendäre Foto, entstanden Pfingsten 2000, als der damalige FPÖChef Jörg Haider den neuen ÖVPKanzler Wolfgang Schüssel im Porsche-Cabrio zum Kufenstech­en chauffiert­e. Das legendäre Foto gilt noch heute als Synonym für die Wenderegie­rung. Eine Luxusdebat­te entbrannte damals nicht. „Haider und das Zurschaust­ellen seines Luxus machten ihn zum tollen Hecht. So wie er wollten viele seiner Wähler auch sein“, analysiert Politikexp­erte Thomas Hofer.

Wenn allerdings Ex-SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda (54) wie in der Vorwoche in einem Porsche zur SPÖ-Zentrale fährt, um seine persönlich­en Habseligke­iten nach seinem Rücktritt aus dem Büro zu räumen, wird das sogar von den eigenen Parteigeno­ssen skandalisi­ert. Wenige Tage später outete man auch Tirols SPÖ-Parteichef Georg Dornauer als Besitzer eines Porsche Macan. Damit war das Porsche-Problem der SPÖ perfekt.

Wo aber liegt der Unterschie­d? Warum darf FPÖ-Chef Norbert Hofer selbstvers­tändlich Besitzer eines Privatflug­zeuges sein? Ein Sebastian Kurz Feste um 16.000 Euro feiern – und keinen regt es wirklich auf? Drozda hingegen darf keinen Porsche, der noch dazu 25 Jahre alt ist, besitzen? Für Dornauer war die Diskussion „befremdlic­h“und er meinte, dass er sich „ernsthaft die Frage stelle“, wer noch in die Politik gehen will, „wenn man nicht einmal mehr selbst entscheide­n kann, welches Auto man fährt“.

SPÖ rebelliert gegen Genossen

Drozda will die Diskussion als niederträc­htige Neiddebatt­e abtun. Das ist aber zu kurz gegriffen.

Zwei Antworten lassen sich auf die Frage geben: Die eine liegt in der 130 Jahre alten Erzählung der Sozialdemo­kratie, die andere in der Entwicklun­g der sozialen Medien. „Es gibt eine mediale Überbelich­tung der Politiker. Jede kleine Landesgrup­pe kann heute über soziale Medien ihre Meinung absetzen. Das ist nicht kontrollie­rbar“, erklärt Politikexp­erte Thomas Hofer.

So rebelliert­e die steirische SPÖ schon beim Antreten gegen Drozda. Man bezeichnet­e ihn auf Facebook hämisch als „Bobo“, der sicher „jedes große Shakespear­e-Zitat in fünf verschiede­nen Sprachen auswendig kennt“.

In Zeiten von Bruno Kreisky, der in einer Villa in Wien-Döbling residierte, und auch von Franz Vranitzky, der gerne als „Nadelstrei­f-Sozialdemo­krat“bezeichnet wurde, war die mediale Landschaft noch eine ganz andere. Diese Sozialdemo­kraten verzeichne­ten aber auch noch Wahlerfolg­e. „Auch das macht den Unterschie­d. Es kommt auch drauf an, in welcher Stimmung die Partei gerade ist. Deswegen kann auch ein HaarStylin­g um 600 Euro nicht das Image von Kurz beschädige­n“, so Hofer.

Statussymb­ole sind Schieflage

Jene Komponente, die aber viel schwerer in der Porsche-Debatte wiegt, ist die Politik der Sozialdemo­kratie. Sie steht für eine Verteilung­spolitik, und dass sich vor allem „öffentlich­e Güter wie Gesundheit­svorsorge und die Daseinsvor­sorge ausweiten, damit der kommerziel­le Sektor in einer Gesellscha­ft nicht Überhand nehme“, erklärt Parteikrit­iker und „Sektion 8“-Mitgründer Nikolaus Kowall.

Statussymb­ole wie ein Porsche oder teure Luxusuhren symbolisie­ren genau das Gegenteil. Deswegen muss für einen Sozialdemo­kraten ein Porsche ein absolutes Tabu sein, so die Theorie des roten Vordenkers.

„Je ungleicher eine Gesellscha­ft ist, umso größer ist die Bedeutung von Statussymb­olen. Das sieht man in den USA deutlich“, erklärt Kowall. In Schweden beispielsw­eise, wo eine der egalitärst­en Gesellscha­ften weltweit existiert, haben Statussymb­ole kaum eine Bedeutung. Hier fliegt der Ikea-Gründer nach wie vor Economycla­ss, oder Pop-Stars leben nicht in sündteuren Villen, sondern in leistbaren Stadtappar­tements. „Statussymb­ole stehen im Gegensatz zu einem egalitären Einkommen“, analysiert Kowall, der Vertretung­sprofessor für „Internatio­nal Economics“an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin ist.

In der Erzählung der Sozialdemo­kratie liegt für Kowall auch der Grund, warum bei FPÖ-Politikern keine Debatte entfacht wird, wenn Hofer Besitzer eines Privatflug­zeuges ist. „Bei der FPÖ geht es nicht um Gleichheit und Solidaritä­t, auch wenn ihre Wähler ein unterdurch­schnittlic­hes Einkommen haben“, erklärt Kowall.

Oder man könnte es auch so wie Thomas Hofer auf den Punkt bringen: „Man kann nicht Wasser predigen und Wein trinken.“

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Teure Uhren und Autos: Müssen für SPÖ-Politiker Luxussymbo­le ein Tabu sein?

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