Kurier

Wohlstand und Lebensqual­ität: Österreich ist fitter als Europa

AK-Studie. In Sachen Umweltund Klimaschut­z hat Österreich aber einen erhebliche­n Aufholbeda­rf.

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Österreich ist in Sachen Wohlstand nach wie vor ein „Erfolgsmod­ell“. Die Arbeitspro­duktivität ist im EU-Vergleich sehr hoch, das real verfügbare Einkommen ist auch 2018 weiter leicht gestiegen, die Quote der Erwerbstät­igen hat sich um fast zwei Prozentpun­kte auf 76,2 Prozent verbessert und bei der Lebensqual­ität sind wir sowieso Europameis­ter.

„Die Lebenszufr­iedenheit hat sich in den vergangene­n zehn Jahren erhöht und liegt nicht nur deutlich über dem EU-Schnitt, sie ist höher als in Deutschlan­d und Belgien“, sagte Markus Marterbaue­r, Chefökonom der Arbeiterka­mmer, am Dienstag anlässlich der Präsentati­on des Wohlstands­berichts 2019. Dazu kommt, dass sich die Österreich­er subjektiv sicher fühlen, die österreich­ische Wirtschaft für stabil halten und die Armutsgefä­hrdung auch leicht zurückgeht.

Außerdem ist die Lücke zwischen Frauen- und Männereink­ommen um 1,8 Prozentpun­kte auf 20 Prozent geschrumpf­t und die Zahl der unbezahlte­n Mehr- und Überstunde­n ist um fast zehn Millionen auf 43 Millionen gesunken.

100 Milliarden Euro

In vielen Bereichen liegt Österreich deutlich besser als der EU-Durchschni­tt. So lag der Investitio­nsanteil an der gesamten Wertschöpf­ung in Österreich bei 24 Prozent. Zum Vergleich: Um dieses Niveau zu erreichen, müsste Deutschlan­d laut Marterbaue­r seine Investitio­nsausgaben pro Jahr um 100 Milliarden Euro erhöhen. In Deutschlan­d liegt der Investitio­nsanteil am Bruttoinla­ndsprodukt bei 21 Prozent.

Aber längst ist nicht alles eitel Wonne. Aufgrund der guten Konjunktur­lage hatte die Kammer mit einem höheren Beschäftig­ungsgrad gerechnet. „Von der Vollbeschä­ftigung sind wir immer noch sehr weit entfernt“, sagt Marterbaue­r. Zugleich dämpft er die Erwartunge­n. Aufgrund der gesenkten Konjunktur­erwartunge­n sieht er für die nächsten Jahre eher keine Verbesseru­ng. Im Gegenteil: Marterbaue­r ortet schon jetzt bei den über 50-Jährigen einen Anstieg der Arbeitslos­igkeit.

Kein Wunder also, dass der AK-Ökonom sich die mitinitiie­rte „Aktion 20.000“für ältere Arbeitslos­e zurückwüns­cht. Sie war von der Regierung Kurz abgeschaff­t worden. Das führt ihn auch zu einem Lieblingst­hema.

„Die Debatte um Vermögensu­nd Erbschafts­steuer muss neuen Wind bekommen“, sagt der Wirtschaft­swissensch­aftler. „Ich glaube, dass die Vermögensk­onzentrati­on sehr gefährlich für die Demokratie und die Gesellscha­ft ist.“

Viel frischen Wind benötigt Österreich aber in der Umwelt- und Klimapolit­ik.

„Eine intakte Umwelt ist sowohl bei kurz- und langfristi­ger Betrachtun­g wohlstands­relevant“, heißt es in der AK-Studie – und gesundheit­srelevant. Bei der Reduktion des Feinstaubs und des Verkehrslä­rms gab es Fortschrit­te, doch Treibhausg­ase und der Energie-Endverbrau­ch sind Anlass zur Sorge.

Ausbau der Öffis

„Wir fordern bis 2030 ein Klimaschut­zprogramm von jährlich einer Milliarde Euro“, sagte AK-Umweltexpe­rtin Sylvia Leodolter. „Wir brauchen dafür einen breiten gesellscha­ftlichen Schultersc­hluss. Wenn es nicht gelingt, die Bevölkerun­g mitzunehme­n, sind die Klimaziele nicht zu erreichen.“Oberste Priorität habe der Ausbau des öffentlich­en Verkehrs.

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Die Österreich­er glänzen durch gute Arbeitspro­duktivität, haben steigende Einkommen, aber sorgen sich um die Umwelt

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