Ein Botschafter des Humanismus
Sebastião Salgado erhält als erster Fotograf den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
Bekannt geworden ist er durch seine sozial engagierten Fotoreportagen. Über Jahrzehnte lieferte er mit dramatischer Schwarz-WeißOptik erschütternde Dokumente aus den Krisen- und Elendsregionen der Welt.
Er zeigt sowohl die Schönheit der Natur als auch deren Zerstörung und die Ausbeutung von Ressourcen. Er berichtete über humanitäre Katastrophen wie die äthiopische Hungersnot 1984. Über brennende Ölfelder in Kuwait 1991, den Völkermord in Ruanda 1994 und unmenschliche Arbeitsbedingungen in den Goldminen von Brasilien.
Sebastião Salgado hat mehr als 120 Länder bereist und in seinem Leben schon viel gesehen. Fast zu viel. Unvorstellbare Brutalität und Gewalt in Kriegsgebieten.
Katastrophen und Krisen
„Dieses Wissen über uns Menschen, das ich durch mein Leben als Fotograf erlangt habe, dieses Wissen ist kaum auszuhalten“, sagte der Chronist der Katastrophen und Krisen dieser Welt in einem SpiegelInterview zu seinem 70. Geburtstag im Jahr 2014.
Am Sonntag wird Salgado, den man auch den Botschafter des Humanismus im Fotojournalismus nennt, auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt, der erstmals an einen Fotografen verliehen wird.
In den 90er-Jahren hat er von Armut vertriebene oder vom Krieg gebeutelte Menschen porträtiert, oft jahrelang, in Afrika, Südamerika, Indien oder Pakistan. Die Fotos waren schockierend und zugleich schön, und Salgado wurde, wie die Zeitschrift New Yorker schrieb, so etwas wie der Bono der Fotografie. An der Menschheit ist er fast verzweifelt, als Naturschützer hat er neuen Mut geschöpft. Der Umweltaktivismus gibt ihm neue Hoffnung und bestärkt ihn im Glauben an die Kraft der Natur:
„Umweltzerstörung kann rückgängig gemacht werden. Wir haben genug Ressourcen, genug Geld, genug Wissen, genug Technologie, um wiederaufzubauen, was wir zerstört haben.“
Obwohl in den vergangenen 50 Jahren 19 Prozent des Amazonas-Regenwalds in Brasilien zerstört wurden. Wer an einen „point of no return“glaube, könne nur verzweifeln: „Aber wir müssen Hoffnung haben – und anpacken.“
Regenwald
In den 1990er-Jahren hat Salgado begonnen, mit seiner Frau Lélia die Farm seiner Eltern und einen kleinen Teil des Atlantischen Regenwaldes in Brasilien wieder aufzuforsten. Mit seinem „Instituto Terra“hat er sich dem Umweltschutz verschrieben:
„Wir haben mehr als zwei Millionen Bäume gepflanzt. Wir sammeln Samen dort, wo es diese Bäume noch gibt, züchten sie nach, pflanzen und bewässern sie. Und die Tiere sind von selbst wieder zurückgekommen. Wir haben jetzt 170 Vogelarten, Krokodile, Jaguare, Affen. Das hat mein Leben so viel glücklicher – und so viel wichtiger – gemacht.“
Unter den vielen Fotobänden dokumentiert „Genesis“(2013) unberührte Winkel dieser Erde, wo die Zivilisation noch nicht angekommen ist. „Exodus“(2016) ist ein Klassiker zum Thema Migration und Vertreibung.
Und mit „Gold“(2019) über eine Gesellschaft, die zusammengehalten und auseinandergerissen wird durch die Gier nach Gold, wo Menschen in den 80ern ihr Leben für einen Traum aufs Spiel gesetzt haben, ist bereits der sechste Fotoband im Taschen Verlag erschienen; außerdem Salgados Autobiografie „Mein Land, unsere Erde“im Verlag Nagel & Kimche.