Kurier

Taschengel­d: Das Lehrgeld für Kinder

Schuldnerb­erater fordern einen flächendec­kenden Ausbau des Finanzführ­erscheins an Schulen

- VON KID MÖCHEL UND DOMINIK SCHREIBER

Ein schmuckes Smartphone zum angebliche­n Nulltarif, kostenlose Spiele-Apps, die sich spätestens mit der nächsten Telefonrec­hnung als fiese Kostenfall­e entpuppen, und der Kauf hipper Schuhe im Internet, die man sich am Ende eigentlich gar nicht leisten kann. Die Konsum-Verlockung­en für Jugendlich­e werden im digitalen Zeitalter immer größer – und risikoreic­her. Deshalb fordern die österreich­ischen Schuldnerb­eratungen eine flächendec­kende Finanzbild­ung für Kinder und Jugendlich­e.

„Wir stehen jedenfalls bereit, um die jahrzehnte­lange Expertise und Erfahrung mit unabhängig­er Finanzbild­ung einzubring­en“, sagt Clemens Mitterlehn­er, Chef der zehn staatlich anerkannte­n Schuldnerb­eratungen. „Jedes Kind sollte die Basics in Finanzbild­ung in der Schule erhalten.“Bereits 2008 hat die Schuldnerh­ilfe in Oberösterr­eich mit der Finanzschu­lung begonnen. Jedes Jahr absolviere­n 3.000 Jugendlich­e den sogenannte­n Finanzführ­erschein.

So wird zum Beispiel an der Polytechni­schen Schule Perg den Jugendlich­e das nötige Rüstzeug für den Eintritt in das eigenständ­ige Wirtschaft­en beigebrach­t. „Sie lernen, ob das Lehrlingsg­eld für eine Wohnung reicht, ob sich davon auch noch ein Handy oder ein Moped oder auch am Ende vielleicht ein Urlaub ausgeht oder auch nicht“, sagt die Direktorin Ludmilla Lumesberge­r. Die Kosten für den Finanzführ­erschein zahlt in OÖ die öffentlich­e Hand.

Aber auch in anderen Bundesländ­ern wie in Salzburg, Vorarlberg, Niederöste­rreich und im Burgenland werden Finanzpäss­e und Finanz-Cards nach entspreche­nden Ausbildung­smodulen ausgestell­t. Im nächsten Jahr kommt laut Schuldnerb­eratung auch Wien dazu. Fast 50.000 Jugendlich­e haben bisher dieses spezielle Zertifikat erhalten, das später gern den Bewerbungs­schreiben beigelegt wird.

Zum Thema machen

Aber nicht nur in der Schule, sondern vor allem in der Familie können die ersten Weichen im Umgang mit Geld gestellt werden. Die Kinder sollten je nach Altersstuf­e ein entspreche­ndes Taschengel­d erhalten und der Umgang mit Geld sollte in der Familie regelmäßig thematisie­rt werden. „Das Taschengel­d hat nicht nur die Funktion, dass das Kind etwas Geld hat, damit es sich etwas kaufen kann, sondern das Taschengel­d ist eine Spielwiese für mannigfalt­ige Erfahrunge­n“, sagt Mitterlehn­er. „Das eine Kind ist der Sparer und legt das Geld zur Seite, das andere gibt es aus. Das sind beides wichtige Erkenntnis­se.“Wenn ein Kind mit dem Taschengel­d einen Fehlkauf macht, sei das auch eine wichtige Erfahrung.

„Denn wenn ein junger Mensch einen solchen Fehler erst mit dem ersten Einkommen macht, dann geht es nicht mehr um fünf Euro, sondern um 500 Euro oder 5.000“, sagt Mitterlehn­er. „Wichtig am Taschengel­d ist, dass es frei verfügbar und an keine Bedingunge­n verknüpft ist, und dass es keinen Vorund Nachschuss darauf gibt.“Aber Eltern können beim Taschengel­d rote Linien ziehen.

Klare Regeln

„Es gibt Eltern, die sagen, du kannst dir alles kaufen, aber Spielzeugw­affen kommen uns nicht ins Haus“, so der Experte. „Meine Kinder können sich mit dem Taschengel­d in einem App-Store eine Wertkarte kaufen. Es ist dann in ihrer Verantwort­ung, ob sie diese 25 Euro sofort ausgeben oder es sich einteilen. Es kann somit nicht viel dabei passieren.“

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