Kurier

Wahlkampf in der U-Kommission

Prüfung von Vereinen. Die FPÖ hat eine Untersuchu­ng initiiert, die für die Blauen selbst unangenehm werden könnte

- VON JOSEF GEBHARD

Über mangelnde Arbeit können sich die Wiener Gemeinderä­te seit dem Vorjahr nicht beklagen. Startet doch demnächst gleich die zweite U-Kommission in dieser Legislatur­periode. Nachdem bis zum vergangene­n April der Bauskandal Krankenhau­s Nord beleuchtet wurde, geht es nach einer nur kurzen Verschnauf­pause nun um die Förderung von Vereinen mit öffentlich­en Geldern.

Im Fokus stehen, wie berichtet, vor allem SPÖ-nahe Vereine wie der „Verein Wiener Kinder- und Jugendbetr­euung“, der wegen üppiger Gagen für einzelne Funktionär­e ins Visier des Rechnungsh­ofs geriet, aber auch jener des ehemaligen grünen Planungssp­rechers Christoph Chorherr, der Spenden von Immo-Unternehme­n erhielt, was aktuell Gegenstand strafrecht­licher Ermittlung­en ist.

Initiiert hat die U-Kommission diesmal die FPÖ, die über 34 der 100 Mandate im Gemeindera­t verfügt und damit so einen Schritt im Alleingang setzen kann.

Wenig Zeit

Allzu tiefe Einblicke in die Untiefen des politnahen Vereinswes­ens sind aber nicht zu erwarten – allein schon wegen der knapp bemessenen Zeit. Anders als ein U-Ausschuss im Nationalra­t darf eine U-Kommission in Wien maximal ein Jahr dauern. Wegen der WienWahl, die spätestens im Oktober 2020 stattfinde­t, bleibt diesmal aber noch weniger Zeit. Denn laut Stadtverfa­ssung endet eine U-Kommission, wenn der Gemeindera­t seine Auflösung beschließt, was spätestens im Oktober der Fall sein wird.

Gleichzeit­ig wird die U-Kommission aufgrund der vorgeschri­ebenen Fristenläu­fe wohl frühestens im Dezember ihre Arbeit aufnehmen können. Sollte es, wie zuletzt bei der U-Kommission zum KH Nord, Probleme geben, einen Vorsitzend­en zu finden, könnte die erste Sitzung erst im neuen Jahr stattfinde­n.

Die FPÖ wird das wenig kümmern, geht es ihr mit der U-Kommission doch primär darum, die rot-grüne Koalition

Bumerang-Effekt?

im Wahlkampf in Bedrängnis zu bringen. Das Thema an sich ist dabei eher zweitrangi­g. So planten die Blauen ursprüngli­ch eine Untersuchu­ng des Wiener Spitalswes­ens, ehe sie relativ kurzfristi­g das Wiener Vereinswes­en für sich entdeckten. „Wir erwarten ernsthafte Mitarbeit der anderen Fraktionen und freuen uns auf die Arbeit“, sagt jedenfalls FPÖVizebür­germeister Dominik Nepp. Ein Ansinnen, das der neue Wiener FP-Parteichef noch bereuen könnte: „Die FPÖ wird sich in der U-Kommission auch Fragen zu FPnahen Vereinen gefallen lassen müssen“, tönt es bereits aus der Wiener SPÖ. „Es kann nicht sein, dass diese von der Untersuchu­ng ausgeklamm­ert werden.“

In diesem Zusammenha­ng erinnert man in der SPÖ an das Ibiza-Video, in dem Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache über spezielle Vereine schwadroni­ert, über die Parteispen­den „am Rechnungsh­of vorbei“geschleust werden können.

Schaden könnte der FPÖ auch, dass nach einem Jahr U-Kommission zum KH Nord das öffentlich­e Interesse an den mitunter spröden Zeugenbefr­agungen in Marathon-Sitzungen bereits etwas erlahmt ist. „Zudem hat das KH Nord die Menschen viel mehr berührt, als irgendwelc­he Vereine, deren Akteure einer breiten Öffentlich­keit oft gar nicht bekannt sind“, mutmaßt ein SP-Funktionär.

Dennoch wollte sich die FPÖ diese Chance der Abrechnung mit Rot-Grün nicht entgehen lassen. Denn sollte sie bei der nächsten Wahl auf unter 30 Mandate fallen, ist es mit der Möglichkei­t, im Alleingang eine U-Kommission einzusetze­n, über Jahre hinweg wieder vorbei.

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