Kurier

Die Kunst des Vermietens

- VON SIMONE HOEPKE simone.hoepke@kurier.at

Zimmer vermieten klingt einfach: Kissen aufschütte­ln, Gäste begrüßen, Geld kassieren, fertig. Gefällt mir! Probier ich aus.

Schon meldet sich ein Amerikaner, der sich während eines Festivals bei mir einquartie­ren will. Deal, denk ich. Und irre.

Denn zuerst will er wissen, ob er zu Fuß zum Festivalge­lände gehen kann. Ja, zehn Minuten hin, zurück je nach Kondition bis zu einer halben Stunde. Das Haus steht schließlic­h auf einem Berg. Er prahlt, er sei topfit und fragt, ob es eine Straßenbel­euchtung gibt. Offensicht­lich vermutet er Kärnten auf der Rückseite des Mondes. Fragt auch gleich, ob es eine Waschmasch­ine, Kaffeemasc­hine und Mikrowelle gibt. Will wissen, ob ein Supermarkt in der Nähe ist und jemand, der ihm PrepaidKar­ten fürs Handy verkauft. Ich komme mir vor wie beim „Quiz der 1.000 Fragen“. Will nicht mehr mitspielen. Antworte, dass der nächste Supermarkt Lichtjahre entfernt ist.

Er nimmt es sportlich. Sagt, dann geht er halt essen. Ob es einen Wirt gibt? Und wenn ja, stellt sich ihm die Frage, ob selbiger Gratis-WLAN im Lokal hat. Ich recherchie­re vor Ort. Erkundige mich zudem wegen der Prepaid Karte, kaufe eine Mikrowelle, verliere die Lust am Vermieten.

Meine Freundin rollt nur noch mit den Augen. Ich erwähne nebenbei, dass der Herr ein Künstler, ein Maler ist und hier eine Ausstellun­g hat. Ihr fällt die Kinnlade runter: Künstler sind versoffen und dauerpleit­e, referiert sie. Sie weiß das, vom Schwager der Schwester des Ex-Nachbarn, der auch mal an so einen vermietet hat. Letztlich zum Nulltarif.

Zu spät. Der Brieffreun­d hat gebucht. Ich kann ihn nach gefühlt drei Trillionen Frage-Antwort-Mails nicht mehr ausladen. Hol ihn vom Bahnhof ab.

Um es kurz zu machen: Meine Freundin hatte wie immer recht – der Künstler hat nichts für die Unterkunft bezahlt. Ich hab voll drauf gezahlt.

Für ein Bild, das jetzt bei mir im Wohnzimmer hängt. Vermieten tu ich nicht mehr. Das kann ich mir auf Dauer nicht leisten.

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