Ein Relikt aus einer anderen Zeit
Talkshow-Jubiläum. Am Mittwoch feiert der ORF „20 Jahre Barbara Karlich Show“(20.15, ORF2)
In den 1990er-Jahren gehörte der Nachmittag im Fernsehen den Talkshows. Egal ob bei Ilona Christen, Arabella Kiesbauer, Hans Meiser, Bärbel Schäfer, Jürgen Fliege, Oliver Geissen, Sonja Zietlow, Vera Int-Veen oder bei Andreas Türck – meist ging es umzwischenmenschlicheKonflikte aller Art: von „Bäh, du stinkst! Wasch dich endlich!“bis „Wir gehen gerne fremd!“. Es wurde geschrien, gestritten und geweint; das große Drama hatte viele Bühnen.
Heute sind die Nachmittagstalkshows nur noch ein Relikt aus der Vergangenheit.
Bis auf eine. Just im öffentlich-rechtlichen ORF überlebte eine Talkshow alle Höhen und Tiefen des Genres beinahe unbeschadet: „Die Barbara Karlich Show“. Am 27. Oktober 1999 schickte der ORF mit Barbara Karlich eine völlige TV-Newcomerin in die „Quoten-Schlacht“, noch dazu mit einer sehr kurzen Vorbereitungszeit (siehe links). Doch die öffentlichrechtliche Antithese zum deutschen Privat-TV-Talk der 90erJahre kam in Österreich mehr als nur gut an. Und zwar dauerhaft. Wenn Karlich an diesem Mittwoch das Jubiläum mit der Hauptabendsendung „20 Jahre Barbara Karlich Show“(20.15, ORF 2) feiert, dann sprechen allein schon die Zahlen eine deutliche Sprache: Bis dato wurden 3.801 Ausgaben der Talkshow produziert. Insgesamt standen 190.050 Sendungsminuten oder 3.167,5 Stunden oder 132 Tage „Barbara Karlich Show“(ohne Wiederholungen) auf dem Programm von ORF 2. Sagenhafte351.090Menschenwarenim Studiopublikum mit dabei, 33.000 Talkgäste nahmen auf der Bühne Platz.
Indirekt ist die „Karlich Show“auch für einen Weltrekord mitverantwortlich: Der Eisschwimmer Josef Köberl verbrachte die gesamte Sendung in einer Badewanne, die mit Eiswürfeln gefüllt war.
Als kleine Filiale der „Liebesg’schichten und Heiratssachen“war die Talkshow auch Bühne für insgesamt 50 Heiratsanträge. Der älteste Gast, der jemals bei Karlich aus seinem Leben parlierte, war ein 109-jähriger Mann.
Über den 20 Jahre währenden Erfolg ihrer Show sagt Barbara Karlich im Gespräch mit dem KURIER: „Ich glaube, dass die ‚Karlich Show‘ für sehr viele Menschen auch das Fenster zur Welt ist. Diese Men
schen kommen vielleicht nicht raus und erfahren so, was es sonst noch gibt. Bei mir sieht man nie den erhobenen Zeigefinger und wir behandeln niemanden von oben herab. Vielleicht bin ich einfach ein Teil dieser Menschen, ich lebe, weine, leide und lache mit ihnen mit.“
Im Rahmen der Jubiläumsshow am 23. Oktober wird Barbara Karlich mit Gästen wie u. a. Dirk Stermann und Christoph Grissemann, Waltraut Haas, Semino Rossi, Erik Schinegger und Virginia Ernst u. a. über deren persönlichen Bezug zur Sendung sprechen. Und natürlich gibt auch ein Wiedersehen mit zahlreichen Höhepunkten der 20-jährigen „Karlich Show“-Geschichte.
Was sich die alles andere als talkmüde Karlich für die Zukunft wünscht? „Es wäre schön, wenn die Menschen weiterhin gerne zu mir kommenunddieZuschauerzuHause gerne einschalten.“