Graz: Haftstrafen im IS-Prozess
Nicht rechtskräftig. Vier Schuld- und zwei Freisprüche im Prozess gegen den „Stützpunkt des IS in Österreich“
Steiermark. Vier Schuldund zwei Freisprüche, sieben Jahre Haft für Prediger; nicht rechtskräftig.
Der Prozess gegen den „Stützpunkt des IS in Österreich“fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Vier der sechs Angeklagten wurden am Donnerstag (nicht rechtskräftig) schuldig gesprochen
Für den Staatsanwalt ist die Sachlage klar. „Der Staat darf nicht hinnehmen, dass auf seinem Gebiet eine andere Rechtsordnung herrscht, die Scharia.“
Deshalb sei das Urteil gegen die sechs Angeklagten, die er als Islamisten und Dschihadisten einstuft, so wichtig. „Das ist unser Staat, unsere Rechtsordnung“, appelliert er in seinem Schlussplädoyer an die Geschworenen im Grazer Straflandesgericht und ist dabei sehr politisch. „Wenn jemand sagt, für ihn gilt die Scharia, dann ist er im falschen Land. Wenn ihm Österreich nicht passt, soll er nach Saudi-Arabien gehen.“
Die sechs Angeklagten, gebürtige Türken im Alter von 31 bis 52 Jahren, die seit Jahrzehnten in Linz leben, waren während des Verfahrens nicht geständig. Auch am Donnerstag, als sie ihre Schlussworte sprechen, bleiben sie dabei. Der IS? „Wir sind Gegner dieser Leute!“, beteuert einer. „Ich bin ein guter Mensch“, versichert der Prediger.
Keine Kollektivschuld
Auch ihre Verteidiger versuchen, die Anklage als überzogen darzustellen und die Rollen ihrer Mandanten kleinzureden. „Im Plädoyer des Staatsanwaltes ist es um nichts anderes gegangen als um das, was jeder weiß: Der IS ist eine Mörderbande“, kommentiert einer der vier Anwälte. „Nazis wie Islamisten sind ein widerwärtiges Pack. Aber um das geht es hier nicht. Es geht um die Schuld des Einzelnen, nicht um Kollektivschuld.“
Radikaler Ideologe
Die Männer sind die Führungsriege eines Moscheevereins, in dem der Hauptangeklagte auftrat: Der Prediger vertrete eine „radikal-islamistische Ideologie“, wie Religionsexperte Ednan Aslan als Gutachter bewertete. Der Staatsanwalt ging zum Prozessauftakt genauer darauf ein, nannte den Verein „Stützpunkt des IS in Österreich“und zitierte aus dem Programm des Mannes: „Töten von Zivilisten und Kindern“habe er ebenso besprochen wie „das Enthaupten eines Menschen mit dem Messer.“
Am späten Nachmittag fällt das Urteil: Der Prediger und drei weitere Angeklagte werden schuldig gesprochen. Drei haben sich demnach als „Vordenker der islamistischen Szene betätigt, zur Unterstützung der Terrorvereinigung aufgerufen und den Verein zum Stützpunkt des IS geformt“, wie die Richterin formuliert. Der Prediger erhält sieben Jahre Haft, zwei weitere Führungsmitglieder des Vereins sechs beziehungsweise fünf Jahre. Ein Angeklagter wird nicht wegen des Terrorverdachts verurteilt, aber wegen krimineller Organisation, er kommt mit fünf Monaten bedingt davon. Zwei weitere Angeklagte werden freigesprochen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Bis zu zehn Jahre Haft wären möglich gewesen.