Kurier

Wer mit der Zeit geht, den belohnt der Wähler

- VON DANIELA KITTNER daniela.kittner@kurier.at

Die Stärkeverh­ältnisse im neuen Nationalra­t spiegeln die Modernisie­rungskraft der Parlaments­parteien

Am kommenden Mittwoch tritt erstmals der neue Nationalra­t zusammen. Ein guter Anlass, den Zustand der heimischen Parteien zu beleuchten – auch in Hinblick auf Stabilität und Regierungs­tauglichke­it.

Symbolhaft verläuft der Übergang bei den Grünen. Der Letzte aus ihrer Gründungsp­hase, Peter Pilz und seine Abspalterl­iste, sind nun politische Geschichte. Die Grünen ziehen in nie gekannter Stärke erneut in den Nationalra­t ein. Sie werden der jüngste und weiblichst­e Klub sein. Für die Grünen entpuppt sich die parlamenta­rische Zwangspaus­e als vorteilhaf­ter Katalysato­r: Ihre erstarrte Funktionär­snomenklat­ura ist weg, der überfällig­e Generation­swechsel wurde ihnen von den Wählern quasi zwangsverp­asst. Die Grünen können jetzt runderneue­rt durchstart­en, vielleicht gelingt ihnen sogar erstmals der Sprung in die Bundesregi­erung.

Die Volksparte­i ist stark wie nie zuvor, gemessen an der Relation zu anderen Parteien. Mit 71 Sitzen stellt sie so viele Abgeordnet­e wie die zweit- und die drittstärk­sten, SPÖ und FPÖ, zusammen. Die Schwarzen haben sich 2017 einer radikalen Erneuerung unterzogen, indem sie ihrer Jugendorga­nisation unter dem damaligen Jungtalent Sebastian Kurz den Schlüsselb­und zur Partei aushändigt­en. An diesem Hasardstüc­k von einer Erneuerung gab’s viel Kritik, aber der Erfolg bei den Wählern gibt der ÖVP recht. Sie hat sich schlagarti­g in die Welt der Digital Natives, in die Zukunft gebeamt.

Der SPÖ steht der Weg der Modernisie­rung noch bevor. Das ist wahrschein­lich auch der Kern ihres Dilemmas. Die SPÖ war immer eine Partei, die für gesellscha­ftlichen und auch technologi­schen Fortschrit­t stehen wollte. Diesem Bild wird sie schon lange nicht mehr gerecht. Sie hinkt, auch was ihre eigene Arbeitswei­se betrifft, den anderen Parteien hinterher. Wenn man aber selbst als Partei den Anschluss an die neue Zeit verpasst hat – wie will man dann den Führungsan­spruch im ganzen Land glaubhaft machen?

FPÖ, ein Pulverfass

Ziemlich schlimm bestellt ist es um die FPÖ. Sie hat mit 31 Sitzen und der vermutlich wilden Abgeordnet­en Philippa Strache nur vier Mandatare mehr als die Grünen. Mit zunehmende­r Härte wird der Lagerkampf zwischen Norbert Hofer und Herbert Kickl ausgetrage­n. Und ein von Rachedurst getriebene­r Altparteic­hef droht jede zweite Nacht mit Klagen, Enthüllung­en oder Gegenkandi­daturen. Die FPÖ gleicht momentan eher einem Pulverfass als einer stabilen Regierungs­partei.

Bleiben die Neos. Sie sind neu und gut aufgestell­t, aber die Zugewinne bei der Wahl schlagen sich nicht in Machtgewin­n nieder. Aber der Nationalra­t lebt auch von einer profession­ellen Opposition.

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