Kurier

Sterben von Skigebiete­n ist vorprogram­miert

Umwelt. Der Kampf gegen Klimawande­lfolgen kostet Millionen. Kleinskige­biete können da auf Dauer nicht mit

- CHRISTIAN WILLIM

In den Gletschers­kigebieten gehört es zur jährlichen Routine. Vor Saisonbegi­nn werden die Ränder der stetig zurückgehe­nden Eispanzer bearbeitet, um sie zu einer befahrbare­n Piste zu formen. Bagger wühlen Schnee aus der Gletscherm­asse, um damit Spalten zu schließen. Bilder derartiger Arbeiten am Pitztaler Gletscher sorgten zuletzt für Empörung.

64 Hektar neue Gletscherp­iste

Ungeachtet der auch im Pitztaler Gletschers­kigebiet unübersehb­aren Folgen der Erderwärmu­ng drängen die Betreiber auf einen Zusammensc­hluss mit dem benachbart­en Skigebiet am Ötztaler Gletscher. Dafür sollen drei Lifte und 64 Hektar neue Pisten auf bisher unberührte­r Gletscherf­läche gebaut werden.

Geht die laufende Umweltvert­räglichkei­tsprüfung positiv aus, wollen die Projektwer­ber rund 120 Millionen investiere­n. Und das ist aus deren Perspektiv­e durchaus verständli­ch. Es ist der Versuch, als Klimakrise­ngewinner die letzten Tropfen aus der Zitrone zu quetschen, bevor der Saft zu Ende geht.

Denn wie massiv auch immer die Erderwärmu­ng sich auf den Skitourism­us in den heimischen Bergen auswirken mag: Je höher die Pisten liegen, umso größer ist die Wahrschein­lichkeit, dass man zu den letzten Überlebend­en gehört. Und je besser die Kriegskass­en gefüllt sind, umso stärker kann in die Bekämpfung der Folgen des Klimawande­ls investiert werden. Allein im vergangene­n Winter steckte die Branche 114 Millionen Euro in die Beschneiun­g.

Tirols Umweltanwa­lt Johannes Kostenzer kritisiert, dass inzwischen bereits Pisten auf über 3.000 Metern beschneit werden. Bei diesem Aufrüsten mit Schneekano­nen und Speicherte­ichen können Kleinskige­biete auf Dauer nicht mithalten. Kleine Liftgesell­schaften suchen ihr Heil zunehmend im Zusammensc­hluss mit den Riesen.

Eine Frage des Preises

Das Sterben von Skigebiete­n in klimatisch ungünstige­n Lagen ist bei einer Fortschrei­bung der derzeitige­n Erwärmung aber vorprogram­miert. „In 30 Jahren wird in Österreich noch Ski gefahren. Die Frage ist nur, wo es noch möglich sein wird und zu welchem Preis“, sagte der Innsbrucke­r Tourismusf­orscher Robert Steiger von der Universitä­t Innsbruck zum KURIER bereits vor mehreren Jahren. Es sei bereits ein Verdrängun­gswettbewe­rb im Laufen, der nur noch nicht so gut sichtbar sei, lautete seine Analyse zu der laufenden Entwicklun­g am Markt.

Es ist davon auszugehen, dass die Seilbahnge­sellschaft­en ihr Geld nicht sehenden Auges in den Sand bzw. den schmelzend­en Schnee setzen wollen. Dort, wo in den Ausbau investiert wird, werden wohl vielmehr kühle Kosten-Nutzen-Rechnungen betrieben. Es gilt einzuschät­zen, ob möglicherw­eise gravierend­e Folgen des Klimawande­ls das jeweilige Skigebiet erst nach einer 25-jährigen Abschreibu­ngsdauer der neuen Anlagen treffen.

Aber auch die Politik muss abwägen: Nämlich etwa, ob die Verbauung unberührte­r Natur nicht auch künftige Chancen im Sommertour­ismus verbauen kann.

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