Kurier

Achtung, Überfall!

- VON BIRGIT BRAUNRATH birgit.braunrath@kurier.at facebook.com/BeagleDari­a BRAUNRATH BIRGIT

Selbst auf die Gefahr, mich unbeliebt zu machen, oute ich mich heute: Ich mag es nicht, wenn ich mit Daria an der Leine gehe und unangelein­te Hunde auf sie zustürmen. Denn wenn einer der Hunde sich frei bewegen kann, der andere aber nicht, führt das häufig zu Spannungen, die leicht vermeidbar wären.

Viele Hundehalte­r sehen das anders, ich weiß. Neulich bellte mich eine Menschenda­me an, deren frei laufender Hund sich weigerte, auf sie zu hören. „Angeleinte Hunde sind das größte Problem überhaupt!“, rief sie. Mir wären ja vorher noch Klimawande­l, Laktoseint­oleranz und Donald Trump eingefalle­n, aber ich vermied es, mit ihr zu streiten, während ihr Rüde ständig versuchte, auf Daria aufzureite­n.

Diesen Mittwoch wurde es noch viel grimmiger: Daria und ich – mit Schlepplei­ne verbunden – am Berg, weit und breit niemand, wir beide tiefenents­pannt. Plötzlich rennen gleichzeit­ig 13 oder 14 Hunde auf Daria zu, beschnuppe­rn sie im Rudel von hinten und vorn, fordern sie gleichzeit­ig zum Spiel, zum Kampf und zum Rückzug auf. Ich suche die versteckte Kamera, entdecke stattdesse­n in einiger Entfernung die dazugehöri­gen Menschen, die mit einer Hundetrain­erin um einen Picknickti­sch sitzen.

Während ich erfolglos nach Worten ringe, kommt die Hundetrain­erin zu mir rüber, stellt mir alle Hunde mit Namen, Alter und Macken vor, schaut dem absurden Treiben zu und attestiert Daria „ein tolles Sozialverh­alten!“. Ich will erwidern: „Das ist reine Notwehr“, es gelingt mir aber nicht, weil ich sprachlos bin.

Meine Empörung hält einen Tag lang. Dann führt mir das Leben mit seinem Hang zu Originell-Drehbücher­n die eigene Unvollkomm­enheit vor Augen: Daria und ich, wieder mit langer Leine, weit und breit niemand. Ich sammle Blätter für meine Kinderbast­elgruppe, habe beide Arme voll mit Zweigen und Herbstlaub, die Leine locker irgendwo zwischen Zähnen und Achsel eingeklemm­t. Da kommt uns eine Dame mit einem winzigen Hund an der Leine entgegen. Daria stürmt auf ihn zu, ich krieg’ die Leine nicht zu fassen, sie legt den Oberkörper ab, um den Burschen zum Spiel aufzuforde­rn, doch der zittert vor Schreck. Ich will mich bei der Dame für den Überfall entschuldi­gen. Aber die sagt fröhlich: „Ist das die Daria aus der Zeitung?“Ich weiß nicht, ob ich mich freuen oder genieren soll – und entscheide mich für beides.

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Daria, Schlepplei­ne, Herbstlaub – da ich nicht alles halten konnte, zischte sie einfach kurz ab

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