Kurier

Im Reich der Schwarzen Grafen

Das Sensenschm­ieden machte in den Eisenwurze­n so manchen reich

- VON JOSEF LEITNER

Schon beim Betreten der Schmiedlei­then fühlt man sich Hunderte Jahre zurückvers­etzt. In einem Seitental der Steyr bei Leonstein taucht der Besucher in eine versunkene Welt ein. Wir finden ein mit Liebe erhaltenes Sensenschm­iede-Ensemble aus einer Zeit vor, in der die Schmiede-Hämmer dröhnten und den Kammerherr­en Reichtum und Macht einbrachte­n.

Der Obmann des Vereins d’Hammerschm­ied, Herbert Rosenegger, engagiert sich seit vielen Jahren für den Erhalt dieses Industriej­uwels: „Die Schmiedlei­then ist das einzige in dieser Vollständi­gkeit erhaltene Hammerherr­en-Ensemble der gesamten Eisenwurze­n. Mit Herrenhäus­ern, Werksgebäu­den, Stallungen, Werkstätte­n, Gesindehäu­sern, Herrschaft­sgarten und einem Bauernhof.“

Rußig, aber reich

Unser Rundgang beginnt beim Herrschaft­sgarten und lässt den innovative­n Geist spüren, den die Schwarzen Grafen pflegten. Sie wurden so genannt, weil sie von der Arbeit zwar rußig wurden, dafür aber sehr vermögend. Aus den internatio­nalen Kontakten kultiviert­en sie exotische Pflanzen. Das mit Holz beheizbare Glashaus aus dem Jahr 1885 funktionie­rt heute noch. Eine Riesenpfla­nze mit chinesisch­em Pfeffer gedeiht prächtig. Mit dem Altweiberb­eet waren sie ihrer Zeit weit voraus – heute kennen wir es als Hochbeet. Im Zentrum des Betriebes in der Schmiedlei­then stand ein stattliche­s Gebäude, der „Hammer“. Darin wurde Stahl in den Essen erhitzt und mittels Hämmer zu Sensen geformt. Der Reiz dieses Raums ist heute noch so groß, dass ihn Brautpaare als Trauungsor­t wählen. Hier befindet sich sogar eine Außenstell­e des Standesamt­es Grünburg. Mit Rudolf Zeitlinger, dem letzten Schwarzen Grafen, endete die im 16. Jahrhunder­t begonnene Tradition der Sensenerze­ugung. Er verstarb 1983 im Alter von 100 Jahren.

Zwei Landsberge

Nach so viel beeindruck­ender Kultur locken die benachbart­en Berge. Eine kurze Fahrstreck­e bringt uns in der Ortschaft Pernzell zum Wanderpark­platz „Landsberg“am Ende des gleichnami­gen Güterwegs. Auf einem steilen Wiesen- und Waldweg erreichen wir rasch eine mit Herbstzeit­losen bestückte Bergwiese. Von hier bieten sich zwei Aufstiege an. Recht sportlich geht es auf den Kleinen Landsberg (854 Meter). Trittsiche­rheit ist hier gefordert. Trotz der geringen Höhe gibt es eine prachtvoll­e Aussicht ins Steyrtal und bis zum Sensen- und Toten Gebirge. Auf dem Abstieg zurück zum Wiesensatt­el leisten die Seilsicher­ungen gute Dienste.

Der Aufstieg zum 899 Meter hohen Großen Landsberg ist dafür geradezu lieblich und erinnert an den Besuch einer gotischen Kathedrale. Ein Spalier aus mächtigen Buchen begleitet uns zum Gipfel. Ein Genuss, sich zwischen den kraftvolle­n Baumriesen dem höchsten Punkt zu nähern.

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Ein Baumallee säumt den Weg auf den großen Landsberg (Bild oben). Das Gipfelkreu­z auf dem Großen Landsberg (li.). Das neue Herrenhaus mit historisch­em Glas aus 1885 (re.)
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