Kurier

FP- und VP-nahe Verbindung­en haben „Heil Hitler“-Lied in Büchern

Liederbuch-Affäre. Bei Burschensc­haften wie katholisch­en Verbindung­en findet sich bedenklich­es Liedgut wieder.

- VON JOHANNA HAGER

„Es lagen die alten Germanen zu beiden Seiten des Rheins, sie lagen auf Bärenhäute­n und tranken immer noch eins. Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß: Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus.“

Als „extrem widerlich“bezeichnet Sebastian Kurz die Passage aus einem Liederbuch. Als der ÖVP-Chef Donnerstag­vormittag, einen Tag nach Bekanntwer­den des Liederbuch­es, danach gefragt wird, gehen Parteien wie viele Beobachter davon aus, dass der Text „nur“in dem „Liederlich­e Lieder“-Buch der Schülerver­bindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfel­d“zu finden ist. Im Mittelpunk­t steht zum nämlichen Zeitpunkt Wolfgang Zanger. Seines Zeichens Verbindung­smitglied und steirische­r FPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eter, der angibt, das Buch sei ein Geschenk einer anderen Burschensc­haft gewesen. Donnerstag­vormittag fordert ÖVPGeneral­sekretär Karl Nehammer FPÖ-Chef Norbert Hofer auf, von seinem Durchgriff­srecht Gebrauch zu machen. Grund: „Im FPÖ-Umfeld sind bereits zum wiederholt­en Mal antisemiti­sche Liedtexte aufgetauch­t, hier kann der Parteichef nicht mehr tatenlos zusehen.“SPÖ, Neos und Grüne fordern Konsequenz­en bis hin zu Zangers Rücktritt.

Die FPÖ sieht sich nicht in der Pflicht, distanzier­t sich rund drei Wochen vor der Landtagswa­hl vom Buch, nicht aber von Zanger. FP-Generalsek­retär Harald Vilimsky spricht indes von einem „Manöver, plump und nur darauf ausgericht­et, der FPÖ einen politische­n Schaden zuzufügen“. Den Schaden hat Stunden später auch die ÖVP.

„Es lagen die alten Germanen“findet sich nämlich nicht nur in dem besagten Burschensc­hafter-Buch, sondern auch in dem Kommersbuc­h des österreich­ischen Cartellver­bands (ÖCV), dem „Österreich­ischen Studenten Liederbuch Gaudeamus“wie auch bis vor einigen Jahren auf der Homepage des Mittelschü­ler-Kartell-Verbands (MKV). Steiermark­s ÖVP-Landeshaup­tmann Hermann Schützenhö­fer ist Ehrenmitgl­ied zweier Verbindung­en und steht Donnerstag­nachmittag plötzlich im Fokus.

Christian Krainer, Vorsitzend­er des Altherrenl­andesbunde­s Steiermark des ÖCV, bestätigt, dass das Lied in früheren Auflagen des Kommersbuc­hes zu finden war. „Es gibt drei Auflagen. In letzterer ist das Lied nicht mehr enthalten, in jener von 1983 schon, aber mit einem Verweis auf den historisch­en Bezug.“

Schmählied

Unter den rassistisc­hen Strophen steht: „Dieser parodistis­che Text zur älteren Melodie bespöttelt übertriebe­ne Deutschtüm­elei, insbesonde­re Nazismus und Rassenlehr­e.“

Das Lied wurde ursprüngli­ch von katholisch­en Studenten im Widerstand gesungen, als Schmählied gegen die Nazis verwendet. Schlagende, nationale Burschensc­haften dürften es übernommen und neue, antisemiti­sche Strophen eingesetzt haben.

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