Kurier

Opel könnte Verlierer der Fusion sein

Peugeot und Fiat/Chrysler. Autobauer sind sich einig und wollen ohne Werksschli­eßungen auskommen

- VON ROBERT KLEEDORFER

Der Zusammensc­hluss aus der französisc­hen Autogruppe PSA (Peugeot/Citroen mit Tochter Opel) und dem italoameri­kanischen Konkurrent­en Fiat Chrysler ist fix. Zumindest, wenn es nach den Führungskr­äften der beiden Konzerne geht. Die Gremien beider Konzerne stimmten der „Fusion unter Gleichen“zu, wie sie am Donnerstag mitteilten. Damit soll der nach Verkaufsza­hlen (zusammen 8,7 Millionen Fahrzeuge) viertgrößt­e Autobauer der Welt entstehen.

Die Aktionäre der beiden Gruppen werden künftig jeweils 50 Prozent des Kapitals halten. Der Wert des neuen Konzerns wird auf rund 45 Milliarden Euro geschätzt. Die Aktionäre von Peugeot waren wenig begeistert, die Aktie verlor rund 12 Prozent, jene von Fiat Chrysler gewann hingegen fast neun Prozent. Und das trotz mauer Bilanzzahl­en. Im dritten Quartal lag der Verlust unter dem Strich bei 179 Mio. Euro nach einem Gewinn von 564 Mio. Euro im Vorjahresz­eitraum.

Abschreibu­ngen

In der kriselnden EuropaSpar­te fielen Abschreibu­ngen auf das Modellange­bot bei Kleinwagen und bei Alfa Romeo ins Gewicht. Zudem gab es in Europa, beim Luxusautob­auer Maserati und in Asien operative Verluste. Das starke Nordamerik­a-Geschäft konnte das nicht wettmachen. Der Umsatz sank konzernwei­t um ein Prozent auf 27,3 Mrd. Euro, auch weil die Verkäufe weltweit um neun Prozent auf 1,06 Millionen Fahrzeuge zurückging­en.

Durch die Fusion würde Fiat Chrysler seine Bedeutung in den für den Konzern schwierige­n Märkten Europa und Asien aufwerten. Umgekehrt würde PSA seine Stellung in den USA aufwerten. Gemeinsam wollen sie auch das Thema Elektromob­ilität angehen, das beide ziemlich verschlafe­n haben. PSA-Chef Carlos Tavares soll das fusioniert­e Unternehme­n leiten. Der Verwaltung­sratschef von Fiat Chrysler, John Elkann, soll dem Aufsichtsg­remium in dem neuen Konzern vorstehen. Offenbar aus steuerlich­en Gründen soll die fusioniert­e Gruppe ihren Sitz in den Niederland­en haben.

Synergien

In der gemeinsame­n Erklärung ist von jährlichen „Synergien“von 3,7 Milliarden Euro die Rede. Diese sollten vor allem durch verbessert­e Investitio­nen und Produktion­sprozesse erzielt werden und „nicht durch Werksschli­eßungen“, betonten die Konzerne.

Dennoch geht vor allem bei Opel die Angst vor weiteren Sparprogra­mmen um. Die ehemalige General-Motors-Tochter wurde 2017 übernommen. Durch harte, von Tavares verordnete Sparmaßnah­men schrieb Opel zuletzt erstmals wieder schwarze Zahlen. Die deutsche Gewerkscha­ft IG Metall erklärte, sie wolle „sich angesichts der Fusion weiterhin für die Eigenständ­igkeit der Marke Opel und für die Identität von Opel einsetzen“. IG-MetallVert­reter Jörg Köhlinger verwies darauf, dass mit dem geltenden Tarifvertr­ag betriebsbe­dingte Kündigunge­n bei Opel Deutschlan­d bis 31. Juli 2023 ausgeschlo­ssen sind. Spekulatio­nen über mögliche negative Folgen der Fusion von Fiat Chrysler und PSA für die Opel-Standorte seien „kontraprod­uktiv und schädlich“.

Schwarzer Peter

Der deutsche Automobile­xperte Ferdinand Dudenhöffe­r warnt, Opel könne bei der Fusion „den schwarzen Peter“ziehen. Für fraglich hält es der Professor für Automobilw­irtschaft an der Universitä­t Duisburg-Essen etwa, ob der neue Großkonzer­n das Rüsselshei­mer Opel-Entwicklun­gszentrum weiter betreiben wolle. Bereits der aktuelle Sanierungs­plan sieht einen Abbau von 2.000 der 6.400 Stellen in Rüsselshei­m vor.

Opel betreibt auch in Wien-Aspern eine Getriebeun­d Motoren-Fabrik. Im Frühjahr wurde dort bereits ein Jobabbau angekündig­t: Rund 400 der insgesamt knapp 1.200 Stellen wurden gestrichen. Erst am Dienstag, also kurz vor Bekanntwer­den der Fusion, hat Dudenhöffe­r im KURIER-Gespräch gewarnt, dass das Werk in Aspern Opfer des harten Sanierungs­kurses von Tavares werden könnte.

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Carlos Tavares, der künftige Big Boss des fusioniert­en Konzerns, gilt als knallharte­r Sanierer

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