Auf den Spuren von Simon Polt
Weinviertel. Region verpasst sich neues Selbstbewusstsein – vor allem wegen Zuzugs aus Wien
Das Weinviertel sucht nach einem neuen Selbstbewusstsein.
Alfred Komarek hat mit seinem Inspektor Simon Polt das öffentliche Bild des Weinviertels (NÖ) geprägt. Der Gendarm, der bei seinen Einsätzen an den malerischen Kellergassen vorbei radelt. Der Region selbst reicht das aber nicht mehr. Sie will jetzt mehr Identität, mehr Selbstbewusstsein, mehr Stolz auf die Heimat. Bereits bei der Geburt soll der Stempel „Ich bin ein echter Weinviertler“verpasst werden.
Für Nicht-Weinviertler kommt diese Initiative überraschend. Bisher galt das Industrieviertel südlich von Wien als jener niederösterreichische Landesteil, der mit seinem Image hadert. Beim Begriff Weinviertel (Bezirke Hollabrunn, Mistelbach, Korneuburg, Gänserndorf) hingegen gab es immer sofort Bilder im Kopf: Kellergassen und Weinbauflächen. Und eine ruhige, entspannende Landschaft. Die Touristiker bezeichnen das als „genussvolle Gelassenheit“.
Eine Gruppe rund um Landtagspräsident Karl Wilfing, der seit seiner Zeit als Poysdorfer Bürgermeister und Mistelbacher Landtagsabgeordneter politisch als „Mister Weinviertel“gilt, will nun ein neues Regionsbewusstsein schaffen. Nicht zuletzt aus einem Unbehagen heraus, dass der Zuzug aus Wien die Identifikation schwäche. Karl Wilfing: „Diese Personen fühlen sich leider nicht als Weinviertler.“
Deswegen wird jetzt das Projekt „Regionsbewusstsein Weinviertel“gestartet. Die Maßnahmen sind umfangreich: Für Neugeborene wird es Bodys mit dem Schriftzug „Ich bin ein echter Weinviertler“geben. Für Kinder gibt es regionale Buttons zum Anstecken, für Erwachsene Weinviertel-Liegestühle oder Weinviertel-Hüte.
Neue Gemeinde-Fahnen
Damit nicht genug. Alle 122 Gemeinden erhalten eine Fahne mit dem WeinviertelLogo, die im Frühjahr gehisst werden soll. Für die Schulen sollen Anschauungs- und Lernmaterialien erstellt werden, für Kinder wird ein Magazin mit dem Maskottchen Betty Bernstein produziert.
Karl Wilfing ist fest davon überzeugt, dass sich so die gesamte Region „als Gegenpol zum Großstadt-Tourismus“positionieren kann. „Wenn wir unser Ziel erreichen, bewusst Weinviertler zu sein und den WeinviertelSpirit zu leben, dann profitieren wir letztlich alle davon, weil unsere regionale Wirtschaft aufblühen wird, weil wir bewusster Zeit in unserem Weinviertel verbringen und Geld hier ausgeben“, sagt Wilfing. Er hat die Patronanz über diese Initiative übernommen.
Die Präsentation fand gemeinsam mit den Leader-Obleuten statt. Ein kräftiger Rückhalt, denn diese stehen praktisch für alle 122 Gemeinden. Als Ort wurde ein Weinkeller in Niederkreuzstetten gewählt, ein fast 400 Jahre alter Herrschaftskeller. Womit man eigentlich wieder bei der Person Simon Polt gelandet ist.
Die Gruppe glaubt, dass mit den Werbemaßnahmen „im speziellen Schüler und Jugendliche, Zugezogene und Personen, die aus der Region weggezogen sind, zu „stolzen Weinviertlern“gemacht werden. Und: „Durch unsere neu gewonnene Strahlkraft nach außen werden wir auch noch interessanter für Gäste aus dem Umland und aus ganz Österreich“, ist Wilfing überzeugt.
Sicher macht ihn auch die neueste UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes, auf der sich nun auch die Weinviertler Bräuche „Ladumtragen“der Mistelbacher Winzer und „In d’ Grean geh’n“wiederfinden. Doch das ist bereits Weinviertlerisch für Fortgeschrittene.
„Durch unsere neu gewonnene Strahlkraft werden wir interessanter für Gäste.“
Karl Wilfing Landtagspräsident