Kurier

Auf den Spuren von Simon Polt

Weinvierte­l. Region verpasst sich neues Selbstbewu­sstsein – vor allem wegen Zuzugs aus Wien

- VON MARTIN GEBHART

Das Weinvierte­l sucht nach einem neuen Selbstbewu­sstsein.

Alfred Komarek hat mit seinem Inspektor Simon Polt das öffentlich­e Bild des Weinvierte­ls (NÖ) geprägt. Der Gendarm, der bei seinen Einsätzen an den malerische­n Kellergass­en vorbei radelt. Der Region selbst reicht das aber nicht mehr. Sie will jetzt mehr Identität, mehr Selbstbewu­sstsein, mehr Stolz auf die Heimat. Bereits bei der Geburt soll der Stempel „Ich bin ein echter Weinviertl­er“verpasst werden.

Für Nicht-Weinviertl­er kommt diese Initiative überrasche­nd. Bisher galt das Industriev­iertel südlich von Wien als jener niederöste­rreichisch­e Landesteil, der mit seinem Image hadert. Beim Begriff Weinvierte­l (Bezirke Hollabrunn, Mistelbach, Korneuburg, Gänserndor­f) hingegen gab es immer sofort Bilder im Kopf: Kellergass­en und Weinbauflä­chen. Und eine ruhige, entspannen­de Landschaft. Die Touristike­r bezeichnen das als „genussvoll­e Gelassenhe­it“.

Eine Gruppe rund um Landtagspr­äsident Karl Wilfing, der seit seiner Zeit als Poysdorfer Bürgermeis­ter und Mistelbach­er Landtagsab­geordneter politisch als „Mister Weinvierte­l“gilt, will nun ein neues Regionsbew­usstsein schaffen. Nicht zuletzt aus einem Unbehagen heraus, dass der Zuzug aus Wien die Identifika­tion schwäche. Karl Wilfing: „Diese Personen fühlen sich leider nicht als Weinviertl­er.“

Deswegen wird jetzt das Projekt „Regionsbew­usstsein Weinvierte­l“gestartet. Die Maßnahmen sind umfangreic­h: Für Neugeboren­e wird es Bodys mit dem Schriftzug „Ich bin ein echter Weinviertl­er“geben. Für Kinder gibt es regionale Buttons zum Anstecken, für Erwachsene Weinvierte­l-Liegestühl­e oder Weinvierte­l-Hüte.

Neue Gemeinde-Fahnen

Damit nicht genug. Alle 122 Gemeinden erhalten eine Fahne mit dem Weinvierte­lLogo, die im Frühjahr gehisst werden soll. Für die Schulen sollen Anschauung­s- und Lernmateri­alien erstellt werden, für Kinder wird ein Magazin mit dem Maskottche­n Betty Bernstein produziert.

Karl Wilfing ist fest davon überzeugt, dass sich so die gesamte Region „als Gegenpol zum Großstadt-Tourismus“positionie­ren kann. „Wenn wir unser Ziel erreichen, bewusst Weinviertl­er zu sein und den Weinvierte­lSpirit zu leben, dann profitiere­n wir letztlich alle davon, weil unsere regionale Wirtschaft aufblühen wird, weil wir bewusster Zeit in unserem Weinvierte­l verbringen und Geld hier ausgeben“, sagt Wilfing. Er hat die Patronanz über diese Initiative übernommen.

Die Präsentati­on fand gemeinsam mit den Leader-Obleuten statt. Ein kräftiger Rückhalt, denn diese stehen praktisch für alle 122 Gemeinden. Als Ort wurde ein Weinkeller in Niederkreu­zstetten gewählt, ein fast 400 Jahre alter Herrschaft­skeller. Womit man eigentlich wieder bei der Person Simon Polt gelandet ist.

Die Gruppe glaubt, dass mit den Werbemaßna­hmen „im speziellen Schüler und Jugendlich­e, Zugezogene und Personen, die aus der Region weggezogen sind, zu „stolzen Weinviertl­ern“gemacht werden. Und: „Durch unsere neu gewonnene Strahlkraf­t nach außen werden wir auch noch interessan­ter für Gäste aus dem Umland und aus ganz Österreich“, ist Wilfing überzeugt.

Sicher macht ihn auch die neueste UNESCO-Liste des immateriel­len Kulturerbe­s, auf der sich nun auch die Weinviertl­er Bräuche „Ladumtrage­n“der Mistelbach­er Winzer und „In d’ Grean geh’n“wiederfind­en. Doch das ist bereits Weinviertl­erisch für Fortgeschr­ittene.

„Durch unsere neu gewonnene Strahlkraf­t werden wir interessan­ter für Gäste.“

Karl Wilfing Landtagspr­äsident

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 ??  ?? Erwin Steinhauer in der Rolle des Simon Polt: Alfred Komarek hat mit der Figur des Gendarmen das Bild des Weinvierte­ls geprägt
Erwin Steinhauer in der Rolle des Simon Polt: Alfred Komarek hat mit der Figur des Gendarmen das Bild des Weinvierte­ls geprägt

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