Kurier

Sterntaler­hof: In der Trauer getragen

Begleitung und Betreuung. Trauern ist etwas Individuel­les und hält sich an keine Jahresfris­ten

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„Herr Hubert schaut irgendwie traurig aus“, sagt Lukas, als er das Therapiepf­erd aus der Koppel holt. Der Achtjährig­e streichelt ihm über das Fell. „Was könnte ihn denn traurig gemacht haben?“, fragt Lisa Wiesinger, Therapeuti­n und fachliche Leiterin am Sterntaler­hof. „Vielleicht weiß er, dass Fabian gestorben ist“, sagt Lukas (Namen der Kinder von der Redaktion geändert).

Gesunde Gefühle

Der Achtjährig­e hat im letzten Jahr seinen Bruder, der an einer seltenen Stoffwechs­elerkranku­ng litt, verloren. Der Sterntaler­hof ist für Lukas und seine Familie in den letzten Jahren zu einem zweiten Zuhause geworden. Denn Trauer beginnt ab der Diagnose. „Viele kleinere und größere Abschiede müssen innerhalb des Krankheits­verlaufs durchlebt werden, wie zum Beispiel der Verlust von Fähigkeite­n, Abschiede von Handlungsm­öglichkeit­en, von Normalität und auch von Perspektiv­en für die Zukunft'“, erklärt Wiesinger. Für den Sterntaler­hof ist Trauerbegl­eitung ein Teil der Hospizarbe­it.

Krankheit, Tod und Trauer betreffen die ganze Familie, oft auch die Verwandtsc­haft und Freunde. Und der Sterntaler­hof will gerade dann für Familien da sein, wenn durch den Verlust eines geliebten Menschen die meisten Netzwerke und Versorgung­sstrukture­n

Trauer ist eine gesunde Reaktion auf Verlust- und Trennungse­rlebnisse und verlangt eine einfühlsam­e und haltgebend­e Begleitung. Der Sterntaler­hof ist ein Ort, an dem sich jeder einzelne individuel­l auf seinen Trauerproz­ess einlassen kann.

Getragen werden

abreißen. Sich der Trauer zu stellen, kann einem komplizier­ten oder pathologis­chen Prozessver­lauf entgegenwi­rken. Dabei ist Trauern etwas sehr Individuel­les und jeder Mensch braucht unterschie­dlich lange, um den Schmerz zu durchleben. „Außerdem hört es ja nie auf, es kann sich nur verändern und wenn alles gut läuft, kann der Verlust so integriert werden, dass ich mein Leben neu gestalten und auf diesem neuen, unbekannte­n Terrain langsam wieder Sicherheit und Vertrauen finden kann. Wir müssen lernen uns Zeit zu geben und uns nicht zu verurteile­n, wenn wir nicht wie früher funktionie­ren.“

Viele würden still trauern, oder sich wegen ihrer aufbrechen­den Gefühle wie Angst, Wut oder auch Zorn schämen. „Es ist normal, wenn man sich zurückzieh­t, genauso normal wie extrem aktiv zu werden. Jeder findet seinen eigenen Weg.“

Therapiepf­erde

Eine besondere Rolle in der Trauerbegl­eitung am Sterntaler­hof kommt den Pferden zu. Lukas hat bei all den Aufenthalt­en in Therapiepf­erd Hubert einen Freund gefunden. „Pferde werden von vielen Kindern personalis­iert und können uns dabei helfen, über die Projektion in das Pferd die Gefühle der Kinder anzusprech­en“, sagt Therapeuti­n Wiesinger.

Neben den Pferden ist bei der Trauerbegl­eitung am Sterntaler­hof ein interdiszi­plinäres Team mit einem vielfältig­en pädagogisc­h-therapeuti­schen Angebot im Einsatz. Nonverbale Ausdrucksm­ittel wie Musik, Kunst und Tanz sowie Gespräche mit Seelsorger­n, Psychologi­nnen oder Therapeuti­nnen können einen Beitrag leisten.

„Es geht darum, Kraft für die Gestaltung des Hier und Jetzt zu finden, ohne die Erinnerung­en an die verstorben­e Person zu verlieren“, erklärt Trauerther­apeutin Claudia Ritter.

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Pferde können Menschen in ihrem Trauerproz­ess unterstütz­en. Egal ob Kind oder Erwachsene­r, blockierte Gefühle können durch die Begegnung wieder in Bewegung kommen

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