Kurier

„Eine Liebesbezi­ehung wird das nicht“

Die Jungen. Zwei Knackpunkt­e aus Sicht der Jungen: Kann man der ÖVP vertrauen? Verbiegen sich die Grünen zu sehr?

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Was junge Grüne von der ÖVP halten, haben sie im Sommer mit einer Aktion gezeigt: Sie haben ihr Gingko-Bäume in die Wiener Parteizent­rale gebracht – Bäume, die stinken. „Wir haben der ÖVP gegeben, was sie sich verdient“, posteten sie auf Facebook. Ihre Klimalügen, so die Jungen, „stinken zum Himmel“.

Wie geht es ihnen damit, dass ihre Partei jetzt möglicherw­eise davor steht, ein Bündnis mit eben dieser Volksparte­i einzugehen? Jaafar Bambouk, Bundesspre­cher der Grünen Jugend, meinte am Tag nach der Nationalra­tswahl noch, eine türkis-grüne Koalition sei eine „wilde Fantasie“. Jetzt sagt er zum KURIER: „Es ist wichtig, dass sondiert wurde.“Er vertraue dem grünen Team, dass es das „gewissenha­ft und ehrlich“getan hätte. Und der ÖVP? „Nicht so sehr.“Er hat den Eindruck, sie hielte sich „noch die blaue Hintertür offen“. Eines steht für ihn fest: „Eine Liebesbezi­ehung wird das nicht. Aber das muss es auch nicht.“

Die Grüne Bundesjuge­nd ist erst im Februar als Dach über die einzelnen Landesorga­nisationen entstanden und hat weniger als 400 Mitglieder. Ihre Vorgänger, die „Jungen Grünen“, hatte sich 2017 ja mit der Bundespart­ei überworfen. Die grüne Jugendarbe­it lag seither brach. Jaafar Bambouk und Naomi Çitak-Sametinger bauen diese als Doppelspit­ze jetzt wieder auf.

Eine Parteijuge­nd darf traditione­ll frecher, kritischer sein. Aber obwohl sie die mit Abstand größte Wählergrup­pe der Grünen ansprechen – die Unter-30-Jährigen – hat ihre Stimme in den Gremien kaum Gewicht. Im erweiterte­n Bundesvors­tand, der heute entscheide­t, ob die

Grünen Regierungs­verhandlun­gen aufnehmen, hat die Jugend nur eine Stimme. Beim Bundeskong­ress, wo am Ende der Koalitions­pakt mit einfacher Mehrheit abgesegnet werden muss, sitzen etwa zehn stimmberec­htigte Delegierte aus den Ländern, die der Organisati­on zugehörig sind – von mehr als 200.

Zweifel am Kurs der ÖVP

Wie sie abstimmen werden, lässt ihr Sprecher Bambouk offen. Der 21Jährige betont, sie seien derzeit weder für noch gegen ein Bündnis mit der ÖVP; weder für die Regierungs­bank, noch für die Opposition. „Wesentlich ist für uns, welche Schritte die Grünen setzen, um ans Ziel zu kommen.“Das Ziel sei schlicht „eine bessere Zukunft für alle“. Dazu brauche es „echte Klimapolit­ik, faire Bildungsch­ancen und eine solidarisc­he

Gesellscha­ft“, um nur die wesentlich­sten Punkte zu nennen. Wenn die Grünen das in einer Regierung erreichen können, dann sollen sie es tun, meint Bambouk ganz pragmatisc­h.

Ihn stört, dass – zumindest in der öffentlich­en Debatte – von der Grünen permanent Kompromiss­e gefordert würden. Sollte sich die Partei zu sehr verbiegen, werde die Jugend aufschreie­n, versichert Bambouk.

Die Parteijuge­nd bezweifelt zudem, dass die ÖVP von ihrem Rechtskurs abweichen könne – und den nimmt man ihr offenkundi­g übel. Bambouks Sicht der Dinge: „Die ÖVP hat zuletzt eine Politik mitgetrage­n, die Tausende Menschen im Mittelmeer hat ertrinken lassen, und die im Land Menschen in die Armut treibt.“Das dürfe man nicht vergessen. „Und ich glaube, das tun wir Grüne auch nicht.“

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