Kurier

Wer hält länger durch?

Billig-Airlines. Der wirtschaft­lich ruinöse Luftkampf zwischen AUA und Ryanair hat gerade erst begonnen

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

„In fünf Jahren werden wir mit Lauda den Marktführe­r AUA überholen“, kündigte Ryanair-Chef Michael O’Leary bei seinem vorletzten Wien-Besuch im September an. Bei der AUA löste die Ansage des unkonventi­onellen Iren die höchste Alarmstufe aus. „Da war klar, dass es O’Leary nicht nur um ein paar Flugzeuge und Low-CostMarkta­nteile in Wien ging, sondern dass wir gerade eine harte Kampfansag­e bekommen hatten“, sagte AUA-Chef Alexis von Hoensbroec­h, als er am Donnerstag das 90 Millionen Euro große Sparpaket samt dem Abbau von bis zu 800 Arbeitsplä­tzen präsentier­te.

Die Attacke der Billig-Carrier wird bis Ende 2021 jeden zehnten AUA-Mitarbeite­r den Job kosten. Der gefährlich­ste Gegner ist zweifellos Ryanair mit der Österreich-Tochter Lauda (Firmenname Laudamotio­n). Da sind aber auch noch die britische easyJet, die ungarische Wizz Air (Osteuropas größte Billig-Airline) sowie Level und Vueling (gehören beide zur britisch-spanischen IAG-Group).

Die AUA klagt über eine „Billigflie­ger-Schwemme“schädliche­n Ausmaßes. Derzeit setzt die Konkurrenz 24 Flugzeuge ein, für 2020 sind 35 Maschinen prognostiz­iert. Der Flughafen Wien verweist allerdings darauf, dass ein Low-Cost-Anteil auf Europas Airports von 30 bis 40 Prozent durchaus üblich sei. Ist halt nur so, dass die AUA lange verschont blieb. Erst mit der Pleite von Air Berlin und der Österreich-Tochter Flyniki 2017 landeten die BilligAirl­ines auch in Wien.

Hoffnungen der AUA, die Konkurrenz werde sich bald wieder zurückzieh­en, dürften sich nicht erfüllen. Obwohl O’Leary in Wien schon fast eine Viertelmil­liarde Euro Verlust gebaut hat. 150 Millionen Minus waren es im ersten Jahr nach der Übernahme von Niki Lauda. Der Deal wurde damals übrigens von der türkis-blauen Regierung naiv als „österreich­ische Lösung“belobigt.

Für 2019 hat O’Leary selbst kürzlich die Verlustpro­gnose von 50 auf 70 bis 75 Millionen Miese korrigiert. Statt der für 2020 angepeilte­n schwarzen Null könnten nochmals 25 Verlustmil­lionen anfallen. Fragt sich, wie Ryanair diese Verluste in Wien jemals wieder zurückverd­ienen kann und wie lange die Aktionäre noch kritiklos zuschauen werden.

Die AUA, die vor zehn Jahren konkursrei­f war und mit einer Morgengabe von 500 Millionen Euro Staatszusc­huss an die Lufthansa verschenkt wurde, muss zittern, nicht wieder in die roten Zahlen zu schlittern. Doch man ist wild entschloss­en, den Angreifern Paroli zu bieten, „wir weichen keinen Millimeter zurück“, sagte AUA-Vertriebsv­orstand Andreas Otto.

„Die Hoffnung, dass sich die Player verabschie­den, erfüllt sich nicht. Das Umfeld ist für die AUA absolut schwierig, ich sehe für die nächsten zwei, drei Jahre keine Besserung“, macht der LuftfahrtE­xperte Gerald Wissel, Chef von Airborne Consulting, verfrühte Hoffnungen zunichte.

Hässlicher Plan?

O’Leary könne noch lange durchhalte­n, meint man in der Branche. Insider halten es durchaus für möglich, dass O’Leary von Beginn an mit Lauda einen hässlichen Plan hatte – die Airline zu kaufen und dann zuzudrehen. Derzeit seien die Kosten von Lauda verglichen mit Ryanair zu hoch, analysiert Wissel. Lauda fliegt mit einem Kollektivv­ertrag, den Niki Lauda noch selbst ausverhand­elt hatte. Doch neue Mitarbeite­r werden mit Pauschalve­rträgen über eine irisch-polnische Leiharbeit­sfirma zu Gehältern weit unter dem Kollektivv­ertrag akquiriert.

O’Leary wusste freilich genau, dass Lauda höhere Kosten hat. Das könnte er ganz bewusst in Kauf genommen haben, um sich die AirbusFlug­zeuge und die begehrten

Slots (Start- und Landerecht­e) von Lauda zu sichern.

Bis dahin flog Ryanair ausschließ­lich mit Boeing. „Mit Lauda hat O’Leary jetzt aber eine starke Verhandlun­gsposition sowohl gegenüber Boeing als auch gegenüber Airbus“, mutmaßt Wissel. Dass Boeing durch das Desaster um die 737 MAX geschwächt wurde und heute zu enormen Preisnachl­ässen bereit ist, konnte damals niemand ahnen.

Hat Ryanair aber erst einmal Flugzeuge, Slots und Mitarbeite­r, um die Strecken von Lauda selbst zu bedienen – dann braucht O’Leary Lauda eigentlich nicht mehr.

Die Gewerkscha­ft sieht Ryanair auf dem besten Weg dorthin. „O’Leary versucht derzeit ja schon, mit den Leihverträ­gen den Kollektivv­ertrag und Lauda zu umgehen“, kritisiert vida-Gewerkscha­fter Daniel Liebhart. Solange die neuen Crews an Lauda verliehen werden, müsste die Differenz bei den Löhnen aufgezahlt werden. Nicht aber, wenn die Mitarbeite­r direkt bei Ryanair an Bord gehen. Der Arbeitsmar­kt ist derzeit für Piloten nicht gut, es gibt kaum neue Jobs. „Manche Airlines nutzen das natürlich aus, um Piloten billig anzustelle­n“(Liebhart).

Gefahr aus Italien

Der Druck auf die AUA könnte in nächster Zeit aber noch größer werden, und zwar ausgerechn­et innerhalb des Konzerns. Sollte die Lufthansa doch die insolvente Alitalia übernehmen, die nur mit staatliche­n Überbrücku­ngskredite­n in der Luft gehalten wird, kommt zu den vier Konzernhub­s (Frankfurt, München, Zürich, Wien) noch Rom als fünftes Drehkreuz dazu.

„Italien ist ein attraktive­rer Markt als Wien. Vier Hubs sind schon zu viel, da wird die AUA als erste Konzern-Airline Federn lassen müssen“, befürchtet Wissel. Für ihn ist die AUA immer noch eine „Premium-Airline, aber sie kann nur bei den Preisen dagegenhal­ten und kommt mit ihrer Kostenstru­ktur nicht hin“.

O’Leary hatte schon einmal die Idee, für die großen Netzwerk-Airlines in Europa wie die Lufthansa-Gruppe das so genannte „Feeder-Service“für die Langstreck­e zu übernehmen.

Heißt, Ryanair würde die Passagiere auf Kurz- und Mittelstre­cken zu den Langstreck­en-Hubs befördern, die Lufthansa-Gesellscha­ften würden nur noch das Interkonti­nentalGesc­häft bedienen. Denn die Lufthansa ist gegenüber LowCostern auf der Kurz- und Mittelstre­cke nicht wettbewerb­sfähig. Der Versuch mit der Billig-Tochter Eurowings ist bislang missglückt. Das Sorgenkind von Lufthansa-Chef Carsten Spohr wird auch 2020 nicht in die schwarzen Zahlen kommen.

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AUA-Chef Alexis von Hoensbroec­h verteidigt
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Ryanair-Boss Michael O’Leary macht Druck
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