Die Josefstadt kämpft ums Standesamt
Streit mit Stadtregierung. Bei Brautpaaren ist das Amt beliebt. Der Bezirk will die geplante Absiedelung verhindern
Sie hatten es schon abgehängt, das Protestplakat, das monatelang an der Fassade des Standesamtes am Schlesinger Platz in der Josefstadt hing.
Jetzt hängt es wieder. Und zwar aus Protest.
Wie berichtet, plant die Stadt, Standesämter zusammenzulegen. Das soll Kosten sparen und die Effizienz steigern. Die Standesämter des 5. und 8. Bezirks sollen deshalb zusammen- und in den 9. Bezirk verlegt werden. Das Gebäude in der dortigen Wilhelm-Exner-Gasse wird nämlich frei, weil das Magistratische Bezirksamt des 9. Bezirks mit jenem des 17. Bezirks fusioniert wird und deshalb auf den Elterleinplatz übersiedelt.
Ein Leser wandte sich im Zuge der KURIER-Bezirksumfrage an die Redaktion. Die Verlegung des „romantischen“Standesamtes in der Josefstadt in einen „Beton-Glas-Tempel“am Alsergrund sei eine „unwürdige Aktion“, schreibt er. Schließlich sei das Standesamt am Schlesinger Platz „das schönste“in ganz Wien. Aus allen Bezirken würden die Heiratswilligen dorthinkommen.
Mit dieser Meinung ist er nicht allein: In der Josefstadt hält sich die Freude über die geplante „Effizienzsteigerung“ schon seit Längerem in Grenzen – daher das Transparent.
Nicht nur, weil das Standesamt mit seinem netten Vorplatz und Trauungssaal ein besonders beliebtes ist. Bezirksvorsteherin Veronika MickelGöttfert von der ÖVP fürchtet auch um die Betriebe in der Josefstadt. Um die Blumenhändler etwa – und um die Gastronomen. Schon im Juni 2018 hat man deshalb protestiert.
Die Josefstädter wollen auch heute noch nicht kampflos aufgeben. Am Donnerstag zogen sie gemeinsam mit ÖVPFunktionären vor das Wiener Rathaus, wo der Petionsausschuss tagte. Die Demonstranten brachten eine Petition zum Erhalt ihres Standesamts mit, für die laut Bezirk mehr als 1.300 Personen unterzeichnet haben.
Auch Bezirkschefin Mickel-Göttfert sagt: „Das ist eine herzlose Entscheidung.“Vom zuständigen Stadtrat Peter Hanke (SPÖ), mit dem sie durchaus „sinnvolle Gespräche“geführt habe, sei sie nun enttäuscht. Sie habe sich für einen Kompromiss eingesetzt. Nämlich insofern, als sie zustimmte, dass die Beamten des Standesamtes in die Wilhelm-Exner-Gasse ziehen. Im Gegenzug sollte aber weiterhin am Schlesinger Platz geheiratet werden dürfen.
Hanke bot an, das Standesamt ein Mal pro Woche für Hochzeiten freizugeben. „Das ist ja kein Kompromiss“, sagt Mickel-Göttfert. Schließlich sei das Standesamt bisher sechs Tage pro Woche für Hochzeiten geöffnet gewesen. Es war damit eines der wenigen, an dem auch am Samstag Hochzeiten möglich waren.
Hanke: Angebot steht
Aus dem Büro von Stadtrat Peter Hanke heißt es, die Bezirksvorsteherin habe den Kompromiss abgelehnt. „Ein Standesamt macht nicht nur Hochzeiten, sondern hat viele andere Aufgaben im Personenstandsrecht.“Dass kleine Standesämter zu größeren zusammengelegt werden, „gewährleistet, dass weiterhin für alle Bürger die Leistungen des Standesamtes rasch auf hohem Niveau erledigt werden können.“
Das Angebot, das Standesamt am Schlesinger Platz ein Mal pro Woche für Hochzeiten zu öffnen, stehe jedenfalls.Am 15. Jänner soll die Causa noch einmal im Petitionsausschuss behandelt werden.
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Auch am Donnerstag protestierten ÖVP und Josefstädter Bürger vor dem Wiener Rathaus