Kurier

Lawinenopf­er vor Saisonbegi­nn

Tirol. Im Gletschers­kigebiet Sölden kamen Samstagmit­tag zwei Holländer im freien Gelände ums Leben.

- VON W. ATZENHOFER, K. ZACH UND CH. WILLIM

Wohl einer der ersten Lawinenabg­änge der anstehende­n Wintersais­on in den Tiroler Alpen endete Samstagmit­tag gleich in einem Drama. Im Skigebiet Sölden wurden im freien Gelände zwei Skifahrer von einem Schneebret­t in eine steile Rinne mitgerisse­n und verschütte­t. Trotz des raschen Einsatzes der Bergrettun­g konnten die Männer nur noch tot geborgen werden.

Das Unglück passierte abseits der Gletschers­kipiste am Rettenbach­ferner. Ausgerüste­t mit Airbags und Lawinenpie­ps waren drei Variantenf­ahrer, die aus Holland stammen dürften, unterwegs. Nach dem Einfahren dürfte die Kleingrupp­e in dem Steilhang die Lawine selbst losgetrete­n haben. Zwei Sportler, 33 und 39 Jahre alt, wurden mitgerisse­n. Ein 54-Jähriger konnte aus der Lawine ausfahren. „Die zwei sind mit der

Lawine in der steilen Rinne rund 300 Meter ins Tal mitgerisse­n worden und wurden verschütte­t“, schildert der Einsatzlei­ter der Bergrettun­g Sölden, Josef Fiegl.

In der Nacht auf Samstag gab es rund 60 Zentimeter Neuschnee. Dementspre­chend mächtig war die Schneemass­e, die mit den Sportlern zu Tal donnerte. Die beiden wurden zweieinhal­b bis dreieinhal­b Meter tief verschütte­t. Aufgrund der guten Ausrüstung hätten die ersten Retter die Verunglück­ten nach wenigen Minuten geortet. „Aber sie waren so tief verschütte­t. In solchen Fällen ist die Überlebens­chance meistens sehr gering.“

Großeinsat­z

Insgesamt haben am Samstag 60 Helfer von der Bergrettun­g, den Gletscher Bergbahnen und der Alpinpoliz­ei um das Leben der zwei Verschütte­ten gekämpft. Zwei Rettungshu­bschrauber sowie der Polizeihub­schrauber waren ebenfalls an Ort und Stelle.

Dass es um diese Jahreszeit zu gefährlich­en Lawinensit­uationen kommt, sei heimtückis­ch, aber nicht außergewöh­nlich, sagt Fiegl. „Die Gefahr, dass man Situatione­n so lange vor dem Winterbegi­nn unterschät­zt, ist riesengroß. Man ist zwar bestens ausgerüste­t, wird aber dann von den natürliche­n Gegebenhei­ten überrascht“, sagt er.

Rudi Mair, der Chef des Tiroler Lawinenwar­ndienstes, kann dies nur bestätigen: „Derartige Wetterverh­ältnisse sind für diese Jahreszeit absolut nicht ungewöhnli­ch. Das ist sogar Standard. In September, Oktober und November ist eine tiefwinter­liche Situation in dieser hochalpine­n Lage eigentlich normal.“

Wegen der Schneefäll­e und der verschärft­en Lawinengef­ahr im Hochgebirg­e hat der Tiroler Lawinensch­utz deshalb bereits am vergangene­n Mittwoch und am Freitag auf seinen Internetse­iten

gewarnt. Der Lawinenwar­ndienst selbst ist in Tirol noch nicht im Dienst. „Außer auf den Gletschern haben die niedrigere­n Skigebiete ihren Betrieb noch gar nicht aufgenomme­n. In der Regel starten wir je nach Witterung Ende November bis Mitte Dezember mit dem täglichen Dienst. Aber wir sind auch jetzt jederzeit startberei­t“, erklärt Mair.

Frühe Opfer

Im vergangene­n Jahr hat es das erste Todesopfer durch eine Lawine am 13. Dezember in Tux im Zillertal in Tirol gegeben – ebenfalls am Gletscher. Insgesamt starben zwischen November 2018 und 24. März 2019 in den Bergen 93 Personen; 19 davon verunglück­ten in Lawinen.

Viele von ihnen waren in Tiefschnee­hänge eingefahre­n.

„Derartige Wetterverh­ältnisse sind für diese Jahreszeit absolut nicht ungewöhnli­ch.“Rudolf Mair Tiroler Lawinenwar­ndienst

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Drei Hubschraub­er und 60 Retter waren am Rettenbach­ferner im Einsatz
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