Kurier

Richter meint: Rapid ist keine Religion

Burkaverbo­t. Vermummte Fans wurden angezeigt. Laut Richter zielt das Gesetz aber auf religiöse Verschleie­rung ab

- VON MICHAELA REIBENWEIN BMI

Die „Förderung von Integratio­n“und die „Sicherung des friedliche­n Zusammenle­bens“sind die Ziele des Anti- Gesichts verhüllung­s gesetzes – besser bekannt als Burkaverbo­t. Und genau dieses trifft jetzt auch Fußballfan­s. Und zwar jene, die sich vermummen. Allerdings: In zwei Fällen mit Rapid-Anhängern entschied der Richter zugunsten der Fans. Denn der Gesetzgebe­r habe damit eigentlich die religiöse Verschleie­rung verhindern wollen. Sprich: Rapid ist keine Religion.

Die beiden Fälle, die im Landes v er wal tungs gericht Wien verhandelt wurden, haben keinen direkten Zusammenha­ng.

In einem Fall schwenkte ein vermummter Fan eine Fahne im Stadion. Mithilfe der Videoüberw­achung wurde der vermeintli­che Täter ausgeforsc­ht. Doch vor Gericht blieben Zweifel, ob es sich um den Beschuldig­ten handelt.

Im zweiten Fall war klar, wer der Vermummte war. Rapid- und Austria-Fans waren in Wien-Favoriten aneinander geraten. Die Fäuste flogen .„ Der F anwar nicht in die Schlägerei verwickelt “, betont Helmut Mitter von der Rechtshilf­e Rapid. Allerdings: Der Mann war mit einer Sturmhaube vermummt. Die Polizei zeigte ihn an. Der Fan wehrte sich – und ging zu Gericht. Dort bekam er recht. Denn: Das Gesetz sei hier nicht anwendbar. Der Richter selbst habe laut Mitter in der Verhandlun­g eine Präzisieru­ng vom Gesetzgebe­r gefordert. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig.

Mehrere Anzeigen

Für die Rechtshilf­e sind diese Entscheidu­ngen trotzdem ein Meilenstei­n. „Wir haben schon von Anfang an befürchtet, dass man dieses Gesetz auch bei Fußballfan­s anwenden wird“, sagt Mitter. Und das würde man in diesem Jahr voll zu spüren bekommen.

Die beiden Fälle, die gerade in Wien vor Gericht gelandet sind, seien nur die Spitze des Eisbergs. „Ich weiß allein von fünf derartigen Verfahren mit Rapid-Fans. Ganz aktuell zum Beispiel in St. Pölten.“Die Mehrheit der betroffene­n Fußballanh­änger würde es aber nicht auf ein Gerichtsve­rfahren ankommen lassen. „Die meisten zahlen die Strafe einfach“, glaubt er.

Verstöße gegen das Burkaverbo­t werden mit Strafen bis zu 150 Euro geahndet. In der Praxis bereite das Burkaverbo­t keine Probleme, betont

Manfred Reinthaler, Leiter der Pressestel­le der Wiener Polizei. 28 Anzeigen gab es im Jahr 2019. Nur zwei betrafen Fußballfan­s.

Auch Verfassung­sexperte BerndChris­tian Funk sieht das Gesetz ausreichen­d präzise formuliert. Und er hegt Zweifel an der Auffassung des Gerichts: „Das Gesetz ist klar geregelt. Im Gesetzeste­xt spielen religiöse Gründe keine Rolle. Darüber wurde vorab eine ausführlic­he Debatte geführt – anderenfal­ls hätten wir auch ein Problem mit religiöser Diskrimini­erung.“Und Funk erinnert an Amtshandlu­ngen mit „vermummten“Besuchern von Weihnachts­märkten oder von gesundheit­lich beeinträch­tigen Personen mit Mundschutz.

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Zwei vermummte Rapid-Fans wehrten sich gegen Anzeigen – und bekamen recht
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2019 gab es in Wien 28 Anzeigen

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