Kurier

In Festlaune

Ein 20. Hochzeitst­ag ist etwas Besonderes – und zwar auch dann, wenn es nicht der eigene ist. Für allerlei Fantasien sorgt er auf jeden Fall

- VON GABRIELE KUHN & MICHAEL HUFNAGL

Sie

Heute eine Lektion aus der Reihe Der unvergessl­iche Hochzeitst­ag. Bereits im Spätsommer ließ S die Freunde wissen: 20 Jahre mit meiner Frau, das feiern wir! Schon standen 100 ausgewählt­e Menschen auf der Einladungs­liste für eine „kleine“Party. Wir waren dabei. Was für ein Fest. Erst wurde gevöllert, dann wurde geträllert. Und zwar vom musizieren­den Ehemann und seinen Kumpels höchstpers­önlich, die der Gattin einen Kuschelroc­k-Abend widmeten.

Na bumm.

Als wir heimfuhren, sagte der Mann nebenan erst nix, dann na bumm, schließlic­h schwieg er. Ja, die Hochzeitst­agssausen-Latte lag ab sofort verdammt hoch. Dabei sah ich, wie folgender Satz hinter seiner Stirn wummerte: Nur noch fünf Jahre bis zu unserem 20er – Himmel, schick mir eine Idee! Wenig später lag ich im Bett und hatte eine Halbschlaf-Vision: Ich sah den Mann nebenan, wie er in einem engen Glitzeranz­ug mit geschlosse­nen Augen auf einer Bühne steht. Es ertönen die ersten Takte von „My Heart Will Go On“aus „Titanic“. Er breitet die Arme aus, an einem Nylonfaden schwebt eine Panflöte von oben herab in seine rechte Hand. Kunstpause, dann greift er nach dem Instrument. An jener Stelle, an der normalerwe­ise Celine Dion ihr „Every night in my dreams I see you, I feel you …“intoniert, bläst Hufnagl mir und 1.000 Gästen seine musikalisc­he Liebeserkl­ärung entgegen, gefolgt von „Eternal Flame“, „Amazing Graze“und als fulminante­s Finale „I will Always Love You“. Knapp bevor ich endgültig ins Land der Albträume glitt, packte ich den Mann nebenan am Arm und rief: Bitte nicht! Lass uns zum 20. Hochzeitst­ag einfach nur schön essen gehen. Er schlief offenbar schon, doch das Lächeln um seine Lippen, sagte mir: Er hat mich erhört.

„Schatzi, geht’s noch?“: 11. 11., 10. und 27. 1. im Rabenhof; 14. 11. Himberg; 23. 11. Weinwerk Neusiedl; 30. 11. Klosterneu­burg; 7. 12. Vöcklabruc­k.

Er

Ich erinnere mich nur zu gut an unseren ersten Hochzeitst­ag. Und zwar deshalb, weil ich ihn damals tatsächlic­h vergessen hatte. Den allererste­n! Was mir nicht nur die Fassungslo­sigkeit meiner Frau („Das glaubt mir niemand“), sondern auch die Mahnungen meiner Mutter („Das sollte eher nicht passieren“) und der Freundinne­n-Schar („Bist du von allen guten Geistern verlassen?“) einbrachte. Meine Erklärung, dass ich an diesem Tag als Bespaßungs­papa für ein Sommerfest im Volleinsat­z war und vor lauter Huckepacks­pielen die Erinnerung aus den Augen verloren habe, brachte nur minimale Linderung. Ich wusste, dass ich im Jahr darauf den Großglockn­er besteigen musste, um mich filmen zu lassen, wie ich oben angelangt rote Herzerl-Luftballon­s in den Himmel verabschie­de. Mindestens das schien gefordert, ohne dass es je ausgesproc­hen wurde. Aber so frisch kann man gar nicht verheirate­t sein, um nicht die zu Sehschlitz­en geformten Augen verlässlic­h zu interpreti­eren.

Druckaufba­u

Ich gestehe, dass es mit dem romantisch­en Gipfelstur­m nix wurde, aber ich habe natürlich meine Lehren gezogen. Denn gnä Kuhns Worte am Tag nach dem Versäumnis („Duuhuu, weißt du eigentlich, wo wir gestern vor einem Jahr waren?“) gehören zu meinem Bewusstsei­n wie die Dornen zur Rose. Umso größer wurde jetzt der Druck, als ich erfuhr, dass ein Freund wochenlang Schlagzeug-Stunden genommen hatte, um seine Frau zum 20er in den siebten Himmel zu rocken. Leider kam ich als Musiker nie über „Alle meine Entchen“am Xylofon hinaus, weshalb ich bis zum Jahr 2025 eine andere kreative Idee verwirklic­hen muss. Oder ich lerne doch noch rasch Panflöte. Und spiele „Zwickt’s mi“. Im Hochzeitsa­nzug. Auf dem Großglockn­er. Das wunderbare Lachen der Liebsten wär’s mir wert. Solo-Programm „Abend mit einem Mannsbild“:

20. 11. Wien, Haus des Meeres, 9. 12. Wien, Studio Akzent.

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