Kurier

Tanzrevolu­tion am Subkontine­nt

Breakdance. Flying Machine, der beste B-Boy Indiens, über Anfangssch­wierigkeit­en und mangelnde Präsenz

- AUS MUMBAI MARCO WEISE

Die anlässlich des BC One Weltfinale­s im Mumbai präsentier­te Doku „Breaking New Ground – India’s Dance Revolution“porträtier­t die noch junge Breakdance-Geschichte Indiens – von ihren bescheiden­en Anfängen vor zwei Jahrzehnte­n bis zur weltweiten Anerkennun­g von heute. Im Verlauf des 40-minütigen Films, der auch bereits online (www.redbull.com) abrufbar ist, werden die Zuschauer mit einigen Schlüsself­iguren und -momenten der indischen Breaking-Szene bekannt gemacht. Darunter ist B-Boy Flying Machine, der aktuell zu den besten Breakdance­rn der Welt zählt.

Zum Breaken sei er zufällig gekommen, wie er dem KURIER erzählt. „Ein Freund hat mir ein Video auf seinem Smartphone gezeigt, es war die Aufzeichnu­ng des ersten Red Bull BC One World Finales aus dem Jahr 2005. Das war mein erster Kontakt mit Breakdance. Das Video hat mich umgehauen. So etwas habe ich davor noch nie gesehen. Ich wollte das danach unbedingt selbst einmal probieren, habe mich umgehört, wo man das in Mumbai lernen kann“, sagt der 21-Jährige, der mit bürgerlich­en Namen Arif Chaudhary heißt.

Anfang

Fündig wurde der damals Zehnjährig­e in einem Park. Dort trafen sich B-Boys zum Training. Zu diesem Zeitpunkt – es war im Jahr 2009 – war die Tanzform, die als Teil der Hip-Hop-Bewegung unter afroamerik­anischen Jugendlich­en im New York der frühen 1970er-Jahre entstanden ist, zwar längst auch in Indien angekommen. Aber trotzdem ist die Breaking-Geschichte am indischen Subkontine­nt noch eine relativ junge. Die Anfänge finden sich in den

Flying Machine ist seit Jahren der beste B-Boy Indiens

frühen 2000er-Jahren. Da entdeckten eine Handvoll Teenager die Kultur für sich – man vernetzte sich und traf sich auch immer wieder zum Austausch. In weniger als zwei Jahrzehnte­n hat sich die Szene dramatisch verändert. Inzwischen gibt es im ganzen Land Breaker und mittlerwei­le an die 300 Crews. Eine davon nennt sich „Black Ice Crew“und ist in der Millionen-Stadt Bangalore zu Hause. Ihr Aushängesc­hild: Jo, Indiens B-Girl der Stunde. Über ihren Freund, der ebenfalls profession­ell tanzt, habe sie sich in die Breakdance-Kultur und die Stimmung der Menschen in der Gemeinde verliebt. „Es ist ein Haufen motivierte­r Leute, die versuchen, die besten Versionen von sich selbst herauszufi­nden“, schwärmt Jo.

Ähnlich euphorisch ist Flying Machine, der den Breakdance-Spirit weitergebe­n möchte. Denn das Tanzen habe ihn auf den richtigen Weg gebracht. „Ich habe mich dadurch als Teenager besser kennengele­rnt, mich selbst gefunden, meine kreative Ader entdeckt. Es ist für mich aber auch immer eine Art Zufluchtss­tätte, ein Ausgleich, wenn es mir einmal nicht gut geht, mir Sachen durch den Kopf schwirren. Denn beim Breaken vergesse ich alles um mich herum“, sagt Flying Machine.

Er veranstalt­et Workshops, teilt seine Erfahrunge­n mit anderen und versucht, ein Vorbild für Teenager zu sein. „Es werden zwar immer mehr B-Boys und B-Girls, aber wir werden oft nicht ernst genommen, sondern ausgelacht. Als ich anfing, haben sich die Leute lustig gemacht. Sie sagten: ,Sieh mal, der tanzt wie ein Affe.‘ Aber ich habe weitergema­cht, an mich und meinen Traum geglaubt. Und nun stehe ich im Weltfinale, bin einer der 16 besten B-Boys der Welt.“

Zukunft

Geht es nach Flying Machine, fehlt es in Indien einfach an der nötigen Präsenz in den Medien, in der Öffentlich­keit. Durchforst­et man Zeitungen wie The Times of India, bestätigt sich diese Einschätzu­ng. „Das macht es schwierig für uns, an Sponsorgel­der zu kommen. Diese brauchen wir aber, um Wettbewerb­e austragen zu können, und um unsere Reisen zu finanziere­n, die es uns ermögliche­n, die Breakdance-Philosophi­e in alle Regionen Indiens zu bringen“, sagt Flying Machine.

Vielleicht ändert sich das ja mit der Austragung des ersten Breakdance-Weltfinale­s in Indien, das am Samstagabe­nd in Mumbai über die Bühne ging (siehe Sieger oben).

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