Kurier

„Klimaschut­z ist eine Ersatzreli­gion“

Henryk M. Broder und die FPÖ halten die Klimaschut­z-Debatten für überzogen

- VON JOSEF ERTL

In seinem Schlusssta­tement lief der deutsche Publizist Henryk M. Broder zur Hochform auf. Der 73-Jährige erfüllte ganz und gar die Erwartunge­n des Publikums, das Dienstagab­end den großen Redoutensa­al bis auf den letzten Platz gefüllt hatte. Es dankte ihm den Widerspruc­h zum gesellscha­ftlichen Mainstream mit viel Applaus. Der Liberale Klub, getragen von der Landes-FPÖ, hatte zur Diskussion über den Klimaschut­z geladen.

Linke Kräfte

Was er denn von der CO2Steuer halte, wollte Moderator Christian Horvath (Linzer City-Magazin) von Broder wissen. „Ich verstehe das Wesen dieser Steuer nicht. Man kann natürlich sagen, und das ist legitim, dass der CO2-Ausstoß abgebaut werden muss. Eine CO2- Steuer ist eine Form der Umverteilu­ng. Und sie wäre die erste Steuer in der

Geschichte der Menschheit, die die sozial Schwachen entlastet.“Broder weiß auch, wer die Be- und Quertreibe­r sind, denn der Klimawande­l habe die Erde seit ihrer Entstehung begleitet. „Jene, die den Klimaschut­z vorantreib­en, sind dieselben Leute, die schon ein paar Mal versucht haben, die Gesellscha­ft umzuwandel­n. Zuerst sollte die Arbeiterkl­asse eine Stimme bekommen, dann ging es um die internatio­nale Solidaritä­t mit Kuba und Venezuela. Dann waren es die Palästinen­ser, die auf die Unterstütz­ung der linken Kräfte angewiesen waren. Das ist alles weg. Das einzige Mittel, das noch übrig geblieben ist, um die Gesellscha­ft zu verändern, ist dieser alberne Klimaschut­z. Das stellt die Gesellscha­ft auf den Kopf, das vernichtet Arbeitsplä­tze, das vernichtet Industrien, das bringt uns in Abhängigke­it von den Russen. Es liegt nicht an den Amerikaner­n, dass

sie die Dieseltech­nologie vernichten. Wir sind so blöd es selbst zu machen.“Die Dinge reduzieren sich für ihn. „Sie können die gesamte politische Entwicklun­g im Prinzip mit zwei Märchen erklären. Mit dem Fischer und seiner Frau, wo zu viel Wollen zum Ende führt, und mit des Kaisers neue Kleider, wo jene Leute von der Gesellscha­ft angefeinde­t werden, die sagen, der Kaiser ist nackt. In dem Sinne, dass die ganze Geschichte ein Schwindel ist.“Für Broder ist der Klimaschut­z nicht nur „Ersatzreli­gion“, sondern eine Religion an sich.

„Ein Schwindel“

Der Klimaschut­z ein Schwindel? Broder erntet Widerspruc­h vom jungen René Röbl, dem Pressespre­cher des Klimavolks­begehrens. „Ich schätze Broders Systemkrit­ik. Dann macht er aber den Drall in eine andere Richtung, wo er eine friedliche Demonstrat­ion mit der Verfolgung

von Menschen in der Sowjetunio­n gleichsetz­t. Ich betrachte das als pointierte Polemik. Ich glaube auch mit Nietsche, dass wir Gott umgebracht haben und der Mensch seitdem eine Ersatzreli­gion sucht. Ich glaube aber, dass nicht die Klimabeweg­ung die Ersatzreli­gion geworden ist, sondern der Konsum. Wir arbeiten, damit wir kaufen und kaufen. Am Ende des Tages fallen wir tot um.“

Kann das kleine Österreich wirklich Einfluss auf den Schutz des Klimas nehmen, wollte ein Zuhörer wissen. „Irgendwo muss irgendjema­nd einmal damit anfangen“, antwortet Röbl. „Wenn keiner etwas macht, passiert nichts. Warum kann Österreich nicht Vorreiter im Klimaschut­z und im Ausbau der erneuerbar­en Energien sein? Wir schaffen es, in der voestalpin­e eine Hochofen mit Wasserstof­f in Betrieb zu nehmen. Das ist Technologi­e, die wir möglicherw­eise exportiere­n können.“Broders

Antwort: „Zu sagen, irgendjema­nd muss damit anfangen, ist der typisch deutsche Idealismus.“Die Idee, dass die Deutschen vorangehen müssten, habe es schon immer gegeben, so Broder. Es gebe Elemente in der deutschen Politik, die zeitübergr­eifend seien und die heute in den progressiv­en Bewegungen fortlebten.

Klimanotst­and?

Broder: „Bis jetzt haben 63 deutsche Städte den Klimanotst­and erklärt. Darunter so idyllische Gemeinden wie Konstanz oder Wiesbaden. Das ist der Ausdruck einer Katastroph­enhörigkei­t. Sie wollen nicht vor dem Notstand warnen, sie wollen ihn herbeirede­n. Um sich vor der Geschichte als Bewältiger des Notstands präsentier­en zu können. Es liegt im deutschen Gemüt Bagatallen zu dramatisie­ren. Sie sagen, ohne Notstand tun wir es nicht mehr. Außerdem gibt es dafür Geld von der EU.“

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Europaparl­amentarier Georg Mayer, René Röbl, Pressespre­cher des Klimavolks­begehrens, Henryk M. Broder, Klub-Präsident Adalbert Cramer (v. li.)

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