Zinsen verschwinden, Dividenden bleiben
„Die Leute sollten glücklicher sein einen Job zu haben als sich über hohe Sparzinsen zu freuen“. Mit diesem Satz gab die neue EZB-Chefin Christine Lagarde wohl ein Bekenntnis und einen Vorgeschmack zur von ihr geplanten Politik ab. Die Europäische Zentralbank (EZB) wird unter Lagarde noch politischer sein als sie es unter Draghi jemals war. Viele haben im Jahr 2019 die Zins-Wende erwartet, es kam das Zins-Ende.
Eine nachhaltige Änderung des Umfeldes von Nullund Negativzinsen ist nicht in Sicht. Das muss man nicht für richtig halten. Es ist aber zu akzeptieren. Für die Geldanlage bedeutet dies, dass sich grundlegende Spielregeln verändert haben. Risikolos Zinsen einzustreifen ist Geschichte. Die Frage ist daher nicht „ob“Aktienbeimischung, sondern die Frage ist „wie viel“. Dafür gibt es keine pauschale Antwort – je nach Anlegertyp, Umfeld und Lebensphase gilt es dies nüchtern zu bewerten und zu entscheiden.
Lassen Sie sich beim Aktienkauf vom Steuerrecht auch nicht einreden, dass Sie ein Spekulant sind. Sie sind Investor, sie sind beteiligt an einem Unternehmen. Dafür steht Ihnen in Form der Dividende ein anteiliger Gewinn zu. Diese Dividenden-Rendite liegt aktuell beispielsweise bei den in Wiener ATX-Index gelisteten Aktien bei im Schnitt sehr attraktiven 4 %. Klarerweise können die Schwankungen der Kurse hoch sein – ein Anlagehorizont von mindestens 5 Jahren ist daher Grundvoraussetzung. Eine einfache Kennzahl zur Bewertung der Aktienmärkte ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – mit wie vielen Jahresgewinnen ein Unternehmen bewertet wird. Auf Basis des Weltindex liegt diese Zahl aktuell bei 16 und somit im Schnitt der letzten 20 Jahre. Bedenkt man, dass vor 20 Jahren der risikolose Zinsen über 5 % lag und heute bei Null liegt, dann ist ein KGV von 16 heute eigentlich günstig. Denn Geldanlage ist immer eine relative Welt.
Alois Wögerbauer ist Geschäftsführer der 3 Banken Generali Investmentgesellschaft.