TELLERRAND
Ich bin derzeit durchgehend nostalgisch, und das hat viel mit Essen zu tun. Vor genau zehn Jahren steckte ich in einer einjährigen Weltreise. Genau heute kam ich dabei in Peru an. Vom Flughafen weg ließ ich die Hauptstadt Lima liegen, gleich mit dem Bus an der Küste entlang, gleich auf den „Gringotrail“: Fast alle Touristen machen beim ersten Perutrip diese Nazca-Arquipa-Titicacasee-Cusco-MachuPicchu-Runde. Um mir das Gringohafte möglichst schnell abzustreifen, verließ ich die Route aber nach vier Stunden, den Abstecher zur Halbinsel Paracas machen nicht viele. Dort liegen auch die Islas Ballestas, die „Poor Men Galapagos“-Inseln. Mit vielen, vielen Tieren. Und einem (damals noch) entzückend kleinen Strandort.
Als ich dort an einem Tisch am Wasser wunderbaren Fisch aß, zubereitet von der Frau eines Fischers, dachte ich an das, was in den vergangenen drei Monaten auf meinen Tellern gelegen war. Ich hatte die Weltreise in Lateinamerika gestartet, mit einer viel zu großen Portion Mut, alles kosten zu wollen, ohne die Landessprachen ausreichend zu beherrschen. In den Highlands von Guatemala brachte mir das ausgelöste Schnecken – in einer hervorragenden Sauce – ein, aber eben Schnecken. Weil ich viel zu selten beim Bestellen nachfrage (ich liebe die Überraschung), lernte ich zu spät, was riñones sind (ich liebe keine Nieren). Und, dass Huhn in dieser Ecke der Welt in einer dicken BitterSchoko-Sauce daherkommt.
Die verbreitetste kulinarische Mutprobe jedes Perureisenden ist das Verspeisen des Nationalgerichts „Cuy“. Aber den Geschmack des gebratenen Meerschweinchens kann nicht einmal die Nostalgie reparieren.