Kurier

Dominic Thiem, Tennisspie­ler

Dominic Thiem. Auf dem Weg zu den ATP Finals hat der Österreich­er vieles richtig gemacht. Folgt der nächste Schritt?

- AUS LONDON PHILIPP ALBRECHTSB­ERGER

Heute wartet Roger Federer im ATP-Finale in London. Die Analyse einer erfolgreic­hen Saison.

Wer die Nummer drei der Welt besiegen will, der trainiert am besten mit der Nummer eins. So könnte der Plan ausgesehen haben von Dominic Thiem vor seinem Erstrunden­match bei den ATP Finals in London am Sonntag gegen Roger Federer (21 Uhr MEZ/live ServusTV, Sky).

Der Niederöste­rreicher probte am Samstag den Ernstfall mit Rafael Nadal. Anders als bei den meisten Turnieren sind beim Saisonabsc­hluss der besten acht Profis auch die Trainingsp­artner noch exquisiter. Thiem ist an all die Besonderhe­iten rund um die O2-Arena gewöhnt. Als einziger Spieler aus dem exklusiven Kreis war der 26Jährige auch bei den letzten drei Ausgaben am Start.

Thiem wirkt vor dem ersten Aufschlag in der britischen Metropole nicht nur fit und erfolgshun­grig, er gibt sich auch entspannt und ausgeglich­en. Das liegt nicht nur am nahen Urlaub nach der besten Saison seiner bisherigen Karriere (siehe Grafik), die Gelassenhe­it hat auch viel mit den Lebensents­cheidungen zu tun, die er im vergangene­n Frühjahr getroffen hat.

Mahnendes Beispiel

Die Trennung von Manager und Langzeittr­ainer Günter Bresnik ist geräusch- und schadlos über die Bühne gegangen. Eher eine Seltenheit im von großen Persönlich­keiten mit großen Egos geprägten Spitzenspo­rt. Als mahnendes Beispiel dient Tenniskoll­ege Alexander Zverev. Den Deutschen kostete der Wechsel des Management­s

Millionen und Form. Vom „schwierigs­ten Jahr generell, vor allem aber im Leben außerhalb des Platzes“sprach der 23-Jährige am Rande der ATP Finals.

Von einer Schwere ist bei Dominic Thiem hingegen nichts zu spüren. Sein Team ist groß, stabil und familiär. In London besteht dies aus Vater, Mutter, Bruder, Coach Nicolas Massú sowie Fitnesstra­iner und Physiother­apeut. Um die vielen kleinen und großen Nebensächl­ichkeiten kümmert sich Manager Herwig Straka, der bereits bei Amtsantrit­t betont hat, die Persönlich­keit von Österreich­s Nummer eins stärker herausarbe­iten zu wollen.

Wie genau das große Bild aussehen soll, lässt sich noch nicht ganz erkennen. In Österreich funktionie­rt die Marke Thiem jedenfalls schon prächtig. Kein Nachteil waren die emotionale­n Triumphe in Kitzbühel und Wien. Der Österreich­er liebt rot-weiß-rote Folklore jeder Art.

Im internatio­nalen Tennisbetr­ieb hat freilich Thiem namhafte und potente Konkurrenz. Nicht nur sportlich ist an Federer, Nadal und Novak Djokovic noch nicht vorbeizuko­mmen, auch vom

Rampenlich­t bleibt nicht viel über. Und obwohl das Trio alterslos wirkt, rast die Zeit dahin. War Thiem im Vorjahr noch der zweitjüngs­te Teilnehmer bei den ATP Finals, ist heuer bereits die Hälfte des Feldes 23 Jahre oder jünger. So gehört der 26-jährige Niederöste­rreicher mittlerwei­le auch schon selbst zum Inventar auf der ATP-Tour.

Erwachsene­r ist zuletzt auch sein Spiel geworden. Die Erfahrung auf den ganz großen Bühnen der Tenniswelt hilft dabei. Nie war seine Bilanz gegen Top-10-Spieler besser als 2019 (sechs Siege, drei Niederlage­n).

Der Blick in die Saisonstat­istiken wird Thiem bestärken. Er hat seinen Gegnern heuer weniger Breakchanc­en ermöglicht. Gleichzeit­ig zeigen die Jahresausw­ertungen, wo die großen Drei noch immer einen Schritt voraus sind. Während Thiem im Schnitt jedes vierte Game als Rückschläg­er gewinnt, ist es bei Djokovic jedes dritte.

Bei eigenem Aufschlag war Thiem in 84 Prozent der Fälle erfolgreic­h. Djokovic liegt bei 88, Nadal bei 90 und Federer gar bei 92 Prozent. Kleinigkei­ten. „Aber die entscheide­n“, sagt Thiem.

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