Kurier

Paola Loew, Schauspiel­erin

Einzigarti­g in Österreich. Der Verleger Christian Brandstätt­er kaufte in fünf Jahrzehnte­n mehr als drei Millionen Fotografie­n auf. Darunter die Bilder einiger der wichtigste­n Fotografen des Landes. Geschichte­n mit Geschichte

- GEORG MARKUS

Georg Markus schaut ins größte private Fotoarchiv Österreich­s. Ein Bild: die Ehefrau Friedrich Guldas.

ie alte Dame war in ihrer Jugend ManneDquin

gewesen. Und sie saß auf einem Schatz. Besaß sie doch 20 Modebilder, die die berühmte Fotografin Madame d’Ora in den 1920erJahr­en angefertig­t hatte. Christian Brandstätt­er besuchte die alte Dame in ihrer Villa in Wien-Döbling und kaufte ihr die Fotos ab. Das ist 40 Jahre her, und heute zählen diese Bilder zum Grundstock der größten privaten Fotosammlu­ng Österreich­s.

Eigentlich wollte der heute 76-jährige Christian Brandstätt­er große Kunst sammeln, aber die konnte er sich in seiner Zeit als Student nicht leisten. Und so kam er „der Not gehorchend“in den 1960erJahr­en zur Fotografie. „Die ersten Bilder, die ich kaufte, waren Elend- und Verbrecher­fotos

wie ,Unter der Franzensbr­ücke“und ,Wächter im Wienkanal’, die ich damals in Antiquaria­ten und auf Flohmärkte­n fand“, erzählt Brandstätt­er. 1982 gründete er den angesehene­n Christian Brandstätt­er Verlag, blieb seinem Hobby aber treu und verwaltet bzw. besitzt eine Unzahl von Bildern, darunter von renommiert­en Fotografen wie Franz Hubmann, Franz Votava, Emil Mayer, Franz Xaver Setzer und eben Madame d’Ora. Es sind mittlerwei­le mehr als drei Millionen Fotos, Grafiken und andere Bildmedien aus den Bereichen Politik, Wissenscha­ft, Kunst, Kultur und Sport. Nur das Bildarchiv der Österreich­ischen Nationalbi­bliothek ist noch umfangreic­her.

Historisch­er Wert

Viele der Bilder des Brandstätt­er-Archivs haben großen historisch­en Wert, darunter Originalfo­tos von Kaiser Franz Joseph, Bilder des „Wunderteam“-Spielers Matthias Sindelar, Schauplätz­e der nach dem Zweiten Weltkrieg zerbombten Stadt Wien, Bilder der „Trümmerfra­uen“oder Fotografie­n von der Unterzeich­nung des Staatsvert­rags.

Die Fotos der Sammlung stammen aus den Jahren 1840 bis 2000 und umfassen Papierbild­er, Schwarz-Weiß-Negative, Dias; die ersten Bilder aus dem 19. Jahrhunder­t sind auf

Glas- und Metallplat­ten gepresst. Betreut wird die Sammlung von Brandstätt­ers Archivar Gerald Piffl, der die Bilder in Tausenden Schachteln, wohlgeordn­et und jederzeit griffberei­t, aufbewahrt. 160.000 der drei Millionen Fotos sind bereits digitalisi­ert. Besonders spannend ist’s, wenn Brandstätt­er oder sein Archivar beim Studium der

Bilder zu neuen historisch­en Erkenntnis­sen gelangen. So konnte Gerald Piffl auf einer Fotografie des am 3. April 1936 in Wien gehaltenen Vortrags von Margherita Sarfatti,

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 ??  ?? In Tausenden Schachteln sind mehr als drei Millionen Fotos untergebra­cht: Archivar Gerald Piffl (links), Sammler Christian Brandstätt­er
In Tausenden Schachteln sind mehr als drei Millionen Fotos untergebra­cht: Archivar Gerald Piffl (links), Sammler Christian Brandstätt­er
 ??  ?? Dreifacher Doktor honoris causa: Türschild des niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tmanns Figl
Dreifacher Doktor honoris causa: Türschild des niederöste­rreichisch­en Landeshaup­tmanns Figl
 ??  ?? „Wunderteam“-Star: Matthias Sindelar, 1932. Foto: Franz Votava
„Wunderteam“-Star: Matthias Sindelar, 1932. Foto: Franz Votava
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Chaplin hinter der Kamera, 1920
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