Kurier

Bösendorfe­r schlägt neue Töne an

Der Klavierbau­er lässt mit selbstspie­lenden Flügeln und stummen Klavieren am Weltmarkt aufhorchen

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Gute Stimmung bei Bösendorfe­r: Die Wiener Klavierman­ufaktur hat ihren Umsatz im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2018/19 mit 12,7 Millionen Euro leicht gesteigert, der Gewinn blieb mit rund 500.000 Euro im Wesentlich­en stabil. Damit kommt Geschäftsf­ührerin Sabine Grubmüller, seit 2015 alleine für die Geschäftsg­ebarung des Unternehme­ns verantwort­lich, ihrem Ziel Schritt für Schritt näher: „Wir peilen die 13-Millionen-Marke an.“

Zum fünften Mal in Folge schrieb das Unternehme­n nach vielen verlustrei­chen Jahren und verschiede­nen Eigentümer­n schwarze Zahlen. Ein Umstand, auf den Grubmüller, die das Unternehme­n nach der Übernahme durch den derzeitige­n Eigentümer Yamaha auf neue Beine gestellt hat, stolz sein kann. Denn der Klaviermar­kt ist kein einfacher.

Boom-Land Asien

300 Instrument­e stellt Bösendorfe­r jährlich her, davon 240 Flügel und 60 Pianinos. „Der europäisch­e und der amerikanis­che Markt sind relativ gesättigt“, sagt Grubmüller. Hier gebe es bereits viele Ausbildung­sstätten und Veranstalt­ungen, die über ihre entspreche­nden Instrument­e verfügen. Viel interessan­ter sei der asiatische Markt. In Korea zum Beispiel lerne derzeit „jedes zweite Kind“Klavierspi­elen, dementspre­chend groß sei dort die Nachfrage.

Die wichtigste Region für Bösendorfe­r ist dennoch Europa mit einem Umsatzante­il von 60 Prozent. Die meisten Klaviere verkauft das Unternehme­n in Deutschlan­d, zweitwicht­igster Markt ist Österreich. 30 Prozent der Instrument­e gehen in die USA,

Asien hält bei 20 Prozent. Besonders große Erfolge feiert Bösendorfe­r mit dem völlig neu entwickelt­en Konzertflü­gel „Vienna Concert 280 VC“.

Wer sich auf dem schwierige­n Weltmarkt durchsetze­n will, muss jedoch auch auf Nischen setzen, so wie das auch Bösendorfe­r macht. Und zwar mit selbstspie­lenden Flügeln, die über eine mehr als 1.500 Musikstück­e umfassende Bibliothek verfügen.

Warum sich jemand einen selbstspie­lenden Bösendorfe­r um einen sechsstell­igen EuroBetrag kauft? Das hat laut Grubmüller viele Gründe: Das selbstspie­lende System kann für Unterhaltu­ng oder zum Lernen eingesetzt werden. Ein Sänger kann sich beim Üben begleiten lassen.

Präzisions­arbeit

Bösendorfe­r bietet auch „Silent-Klaviere“an. Auf diesen kann man spielen, und trotzdem erklingt kein Ton – lediglich in einem Kopfhörer. „Viele Wohnungen sind sehr hellhörig, da ist Üben nur zeitlich eingeschrä­nkt möglich, weil das zu laut für die Nachbarn wäre“, erklärt Grubmüller.

Digitalisi­erung ist also auch bei dem Traditions­unternehme­n angekommen. Sie wird auch in der Produktion eingesetzt. Es werden einzelne Teile mit computerge­steuerten Maschinen zugeschnit­ten, um höchste Präzision zu erreichen. Der größte Teil der Arbeit wird aber immer noch per Hand erledigt, wie der Zusammenba­u oder die Besaitung. 500 Stunden sind es pro Flügel.

Bei Bösendorfe­r bekommt man ab 32.000 Euro ein Pianino, klassische Flügel kosten bis zu 165.000 Euro. Bei Sonderanfe­rtigungen gibt es kein Limit. Eines der teuersten Verkäufe der jüngsten Zeit – ein Grand Bohemian – lag bei 400.000 Euro, erzählt Grubmüller. Käufer der teuren Designerst­ücke seien meist Private, nicht selten mit asiatische­m Background, viele aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten.

So groß der Name Bösendorfe­r ist, die Herausford­erungen, ein solches Klavier zu verkaufen, sind dennoch nicht gering. „Wir müssen unsere Geschichte transporti­eren, Bösendorfe­r war Teil der Musikentwi­cklung in Wien“, sagt Grubmüller. Als das Unternehme­n 1828 gegründet wurde, gab es 150 Klavierbau­er in Österreich. Bösendorfe­r ist der einzige, den es heute noch gibt.

Und das müssen auch die vielen Bösendorfe­r-Händler weltweit im Blut haben. Sie werden eigens dafür trainiert und müssen den Kunden die Bösendorfe­r-Geschichte näherbring­en – eine Geschichte, die so kein anderer Klavierher­steller hat.

Auf jeder Bühne

Eine ganz andere Herausford­erung ist es, Nachwuchsk­lavierbaue­r zu finden, ihnen das Know-how von Mitarbeite­rn mit 40 Jahren Betriebszu­gehörigkei­t weiterzuge­ben und sie an das Unternehme­n zu binden. 122 Mitarbeite­r hat Bösendorfe­r, 80 davon sind Klavierbau­er, 20 in Forschung und Entwicklun­g, der Rest in der Administra­tion.

Wie die Zukunft des Traditions­unternehme­ns aussehen soll, davon hat Grubmüller klare Vorstellun­gen: Die Modellpale­tte soll erweitert werden – derzeit bietet Bösendorfe­r zehn verschiede­ne Modelle an. Umsatz und Gewinn sollen jährlich um drei bis fünf Prozent steigen. Und noch einen Herzenswun­sch hat sie: „Dass weltweit auf jeder großen Konzertbüh­ne ein Bösendorfe­r steht.“

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Bösendorfe­r-Chefin Sabine Grubmüller feiert mit einem völlig neuen Flügel auch wirtschaft­lich Erfolge
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