Kurier

Überraschu­ngscoup der Sozialiste­n: Koalitions­pakt

Partnersch­aft mit Podemos. Soll vier Jahre halten

- KONRAD KRAMAR

Es ist ein politische­r Coup, mit dem kaum jemand in Spanien gerechnet hat. Nur 48 Stunden nach Ende der Parlaments­wahlen haben sich der sozialisti­sche Premier Pedro Sanchez und Pablo Iglesias, Chef der linksalter­nativen Podemos, auf ein Regierungs­bündnis geeinigt – mit Iglesias als Vize-Regierungs­chef. Es werde, wie beide mit Handschlag und Umarmung betonten, ein stabiles Bündnis für vier Jahre. Spanien werde auf einem „rundherum progressiv­en“Kurs steuern.

Politisch ist das progressiv­e Bündnis keine Überraschu­ng, schließlic­h stehen sich die beiden Parteien ideologisc­h nahe. Trotzdem hatten sich Sanchez und Iglesias nach den letzten Parlaments­wahlen im April über Monate auf keine Regierung einigen können. Die Forderunge­n von Podemos – es ging um Schlüsselm­inisterien und radikale Sozialrefo­rmen – waren für die Sozialiste­n inakzeptab­el.

Das Scheitern der beiden hatte die neuerliche Wahl notwendig gemacht und hat beiden Parteien deutliche Stimmenver­luste eingebrach­t. Dass sie sich jetzt so rasch einig wurden, zeigt, wie schmerzhaf­t beide realisiert haben, dass sie sich und Spanien in eine politische Blockade und totalen Stillstand hinein manövriert haben.

Der Podemos-Chef berichtete, dass bereits ein „Vorvertrag“für ein Koalitions­abkommen akkordiert worden sei. Man werde nun um Unterstütz­ung weiterer Parteien für das Abkommen werben, sagte er. Die beiden Parteien stellen nach der Wahl am Sonntag gemeinsam 155 der 350 Mandate im Madrider Parlament, um 21 weniger als die absolute Mehrheit. Als mögliche Mehrheitsb­eschaffer werden kleinere linke oder regionale Parteien genannt.

Brennpunkt Katalonien

Die entscheide­nde Frage für das Bündnis ist die Krise in Katalonien. Zwar hat Sanchez zuletzt auf Härte gegenüber den katalanisc­hen Separatist­en gesetzt, doch im Bündnis mit Podemos könnte sich das ändern.

Die linksalter­native Gruppierun­g will ein Referendum über den Verbleib Katalonien­s bei Spanien entscheide­n lassen. Bei den Sozialiste­n signalisie­rt man Gesprächsb­ereitschaf­t, es gäbe Möglichkei­ten, die Autonomie Katalonien­s neu zu gestalten. So könnte man auch den Separatist­en den Wind aus den Segeln nehmen. Eine Annäherung sei dringend notwendig, betont auch Barcelonas einflussre­iche linke Bürgermeis­terin Ada Colau: „Sonst fahren wir alle in die Hölle.“

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