Kurier

Frontfrau der „Linken“macht Pause – die deutsche Linke auch

Deutschlan­d. SPD und Sahra Wagenknech­ts Linke sind in der Krise – linke Wähler wechseln woanders hin.

- AUS BERLIN S. LUMETSBERG­ER

Angekündig­t hat sie es schon länger, seit gestern ist es Fakt: Sahra Wagenknech­t, prominente­s wie streitbare­s Mitglied der Linken, zieht sich nach ihrem Burn-out vom Fraktionsv­orsitz zurück.

Für die Linke ist es eine Zäsur, und das nach zwei schweren Wahlverlus­ten in Sachsen und Brandenbur­g und einem Wahlsieg in Thüringen, der auf das Konto von Landesvate­r Bodo Ramelow geht. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Sozialdemo­kraten: In den Ländern, wo sie nicht den Ministerpr­äsidenten stellen – Brandenbur­g (SPD) und Thüringen (Linke) – verloren sie viele Stimmen. Auch die Umfragen zeigen seit der Bundestags­wahl keinen Auftrieb: Die Linke liegt zwischen neun und zehn Prozent; die SPD, früher Kanzlerpar­tei, liegt bei 15. Was ist los im linken Lager?

Eigentlich könnte es gut laufen: Die Linke hat ihr Schmuddeli­mage abgestreif­t, regiert in Bundesländ­ern mit; sogar mit der SPD.

Der Jenaer Politologe Torsten Oppelland sieht das Problem in der Rolle als kleiner Partner. In Thüringen hat die SPD das Problem der Linken in Brandenbur­g: „Die Partei verschwind­et hinter der des jeweiligen Ministerpr­äsidenten. Es ist nicht mehr klar, wofür sie steht.“

Damit kämpft die SPD auch im Bund, wo sie seit vielen Jahren mitregiert und umsetzt; sich aber vorwerfen lassen muss, dem neoliberal­en Zeitgeist nachgerann­t zu sein. Erst Andrea Nahles, mittlerwei­le Ex-Vorsitzend­e, kündigte die Abkehr von den Reformen aus der SchröderZe­it an, die einst SPD und

Linke zerrissen haben. Nun gibt es noch andere Großthemen, mit denen sie hadern. Die SPD, einst Anwalt der Kohle-Kumpels, hatte Umweltschu­tz lange nicht auf der Rechnung; was sich rächt. Ebenso bei der Linken. Und in Zeiten, wo das Thema beim Wähler angekommen ist, traut man dieses jenen zu, die die Kernkompet­enz haben: den Grünen. An sie verloren SPD und Linke bei der letzten bundesweit­en Wahl, der Europawahl, am meisten: 1,27 Millionen machten ihr Kreuz dort und nicht bei den Sozialdemo­kraten; von der Linken gingen 610.000 Stimmen an die Grünen.

Grüne, AfD profitiere­n

Aber nicht nur die Grünen profitiere­n von der Zerrissenh­eit der beiden: Seit die AfD 2013 auftauchte, ist ein Teil der Linken-Wähler dorthin abgewander­t; und noch mehr, seit sie Migration zu ihrem Alleinstel­lungsmerkm­al machte, sich als Stimme des Widerstand­s inszeniert­e. In Ostdeutsch­land schlug dies besonders ein – „gerade bei mittelalte­n, teils DDR-sozialisie­rten, die mit den Fremden fremdeln“, so Oppelland. Für die Linke, die als „Ostpartei“galt, ist das bitter: Ist es ihr doch nach der Wende gelungen, enttäuscht­e Ostdeutsch­e, um sich zu scharen.

In der Frage um offene Grenzen stritt man in der Linken offen um Kurs und Macht in der Partei. Wobei die Konfliktli­nie zwischen Parteichef­in Katja Kipping und Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t verlief. Dass sie einen migrations­kritischer­en Ton setzte, um der AfD zugelaufen­e Wähler einzuhegen, nahm man ihr übel. Ihre ins Leben gerufene Sammlungsb­ewegung wurde als Spaltversu­ch gedeutet. Während es um „Aufstehen“ruhig geworden ist, wird man von Sahra Wagenknech­t vermutlich noch weiter hören: Sie behält ihr Mandat im Bundestag und schließt eine weitere Kandidatur nicht aus.

Der Pakt wird per Umarmung bekräftigt: Sanchez und Iglesias

 ??  ?? Sahra Wagenknech­t gibt ihren Posten als Fraktionsc­hefin der Linken ab, bleibt aber im Bundestag
Sahra Wagenknech­t gibt ihren Posten als Fraktionsc­hefin der Linken ab, bleibt aber im Bundestag
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria