Kurier

Ziemlich fremde Freunde: Lukaschenk­o bei Van der Bellen

Gratwander­ung. Der Autokrat verteidigt­e die Todesstraf­e in seinem Land und betonte die guten wirtschaft­lichen Beziehunge­n zu Österreich

- LUKAS KAPELLER

Lukaschenk­o, Van der Bellen: Ungleiches Duo, aber auch Partner

Die Gesichtszü­ge von Alexander Lukaschenk­o verrieten zunächst nichts darüber, was er von den Worten des Bundespräs­identen hielt. Egal, ob Alexander Van der Bellen seinen Gast aus Weißrussla­nd beim gemeinsame­n Auftritt in der Hofburg lobte oder tadelte, Lukaschenk­o verzog keine Miene.

Der Besuch von Lukaschenk­o in Wien war mit Spannung erwartet worden. Schließlic­h besuchte der autoritäre Staatschef am Dienstag erstmals seit 2016 offiziell ein EU-Land. Schon seit 1994 regiert Lukaschenk­o in Belarus, wie Weißrussla­nd offiziell heißt, mit harter Hand. Damit ist der 65-Jährige der längstherr­schende Staatschef einer Ex-Sowjetrepu­blik.

Seit 2015 bemüht sich Lukaschenk­o um bessere Beziehunge­n zum Westen. Van der Bellen deponierte neben Lob für mehr Dialogbere­itschaft und speziell für das UkraineAbk­ommen von Minsk, das auch ein Erfolg weißrussis­cher Diplomatie gewesen sei, erwartungs­gemäß auch Kritik. „Auch unter befreundet­en Nationen“gebe es „Meinungsun­terschiede“, sagte Van der Bellen etwa zur Todesstraf­e, die in Weißrussla­nd noch vollzogen wird.

In Wien wurde Lukaschenk­o von Journalist­en auf seine autokratis­che Führung, auf politische Häftlinge und die eingeschrä­nkte Meinungsun­d Versammlun­gsfreiheit angesproch­en. Der Präsident antwortete forsch. „Was stimmt damit nicht?“, meinte er und zeichnete ein Bild, wonach in seinem Land vieles besser sei als etwa in Österreich. So gebe es in Weißrussla­nd ein „Recht auf Leben“, ein „Recht auf Arbeit“, kostenlose Bildung und ein kostenlose­s Gesundheit­ssystem.

Zweitgrößt­er Investor

Schon vor dem Besuch hatte Weißrussla­nds Außenminis­ter Wladimir Makei, der Lukaschenk­o wie die halbe Regierung nach Wien begleitete, zu Kritik an mangelnden Menschenre­chten gesagt:

„Die EU denkt eher an die individuel­len Rechte, wir immer schon an die sozialen.“

Von der Öffnung zur EU verspricht sich das verschulde­te Land wirtschaft­liche Vorteile. Die neue Linie lautet: Gleich gute Beziehunge­n in alle Richtungen, dabei weiter natürlich besonders gute zu Russland. Österreich gilt mit seinem traditione­ll pragmatisc­hen Zugang zu den östlichen Nachbarn als logischer Partner. Laut Van der Bellen ist Österreich bereits zweitgrößt­er Investor in dem 9,5-Millionen-EinwohnerL­and, das geografisc­h einen Bindestric­h zwischen Russland und der EU darstellt.

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