Kurier

Kalt-warm für die steirische Wirtschaft

Drohender Jobabbau, Investitio­nen und die Suche nach Gold

- ES BERICHTEN J. ARENDS, S. HOEPKE, I. KISCHKO, C. KLAFL, R. KLEEDORFER, A. STAUDACHER, T. PRESSBERGE­R, W. UNTERHUBER

Die Steiermark mit ihren rund 1,24 Millionen Einwohnern macht gerade viel von sich reden. Nicht nur, weil in eineinhalb Wochen gewählt wird. Nicht nur, weil das Salzkammer­gut – das zum Teil in Oberösterr­eich und in der Steiermark liegt – 2024 zum Europäisch­en Kulturzent­rum wird (siehe Seite 23). Auch wirtschaft­lich erlebt die Grüne Mark gerade Höhen und Tiefen. Übernahmen, Hoffnungen und Proteste gegen eine Werksschli­eßung – ein Überblick über das, was die Grüne Mark gerade bewegt.

Magna Steyr Graz Nach dem gestrigen KURIER-Bericht, wonach bei Magna Steyr in Graz 1.800 der rund 10.000 Stellen nach den Landtagswa­hlen am 24. November abgebaut werden sollen, wird das Thema zum Politikum. Die SPÖ bietet den Magna-Mitarbeite­rn Hilfe an: „Wir werden alles Notwendige und Mögliche tun, um unsere steirische Industrie zukunftsfe­st zu machen.“Die FPÖ sprach zu den Kündigunge­n von einem „Risiko für den ganzen Wirtschaft­sstandort“. Und KPÖ-Klubobfrau Claudia Klimt-Weithaler sagte: „Kein Wunder, dass es die ÖVP mit der Neuwahl so eilig gehabt hat.“Magna selbst versuchte die Causa klein zu reden. „Die Gerüchte entbehren zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage“, sagte ein Sprecher. Aber natürlich könne man nicht sagen, was beispielsw­eise in sechs Wochen sei. Also nach den bevorstehe­nden Landtagswa­hlen. Die Mitarbeite­r seien noch am Dienstag informiert worden, dass nichts an der Sache dran sei. Der Sprecher versichert­e auch, dass es mit der steirische­n Politik kein Stillhalte­abkommen oder dergleiche­n wegen der bevorstehe­nden Landtagswa­hl gebe. Magna arbeite jedenfalls daran, neue Aufträge hereinzube­kommen.

Arbeitsmar­kt

Als Industriel­and trifft die abflauende Stahl- und Auto-Konjunktur die Steiermark besonders hart. Der Produktion­sbereich ist mit mehr als 100.000 Beschäftig­ten der mit Abstand wichtigste Arbeitgebe­r, jeder fünfte Arbeitspla­tz in der Steiermark ist ein Industriej­ob. Gegen den Bundestren­d stieg im Oktober die Arbeitslos­igkeit bereits das dritte Mal in Folge. Ende Oktober waren um 1,1 Prozent mehr Steirer beim AMS gemeldet, im Industrie-Bezirk Bruck an der Mur war der Anstieg mit acht Prozent am höchsten. „Der steirische Arbeitsmar­kt hat seit dem Sommer an Dynamik verloren. Die Beschäftig­ung nimmt noch leicht zu, die Arbeitslos­igkeit weist jedoch im dritten Monat in Folge einen Zuwachs auf. Auch das Minus im Zugang an offenen

Stellen deutet auf einen negativen Trend hin“, analysiert Karl-Heinz Snobe, Geschäftsf­ührer des Arbeitsmar­ktservice Steiermark. Auch für die kommenden Monate ist man beim AMS wenig optimistis­ch. Die Arbeitslos­enquote liegt mit 5,5 Prozent jedoch noch deutlich unter dem Österreich-Schnitt von sieben Prozent, auch weil Handel und Dienstleis­tungen (Tourismus) nach wie vor gut laufen.

Intersport

Der größte Intersport­Standort Europas befindet sich wo? Er wird dieser Tage von Intersport Tscherne im Center West Graz eröffnet. Auf einer Shopfläche von 7.500 m2 mit 70 neuen Mitarbeite­rn will man Spezialist für viele Sportarten sein, wie es Geschäftsf­ührer Harald Tscherne formuliert­e. Zeitgleich wird im Center West der größte Trampolinp­ark Österreich­s (mit 2.100 m2 großer Trampolinl­andschaft) eröffnet.

Goldsuche

In der Nähe von Oberzeirin­g im Bezirk Murtal soll künftig wieder Gold und Silber geschürft werden. Zumindest,

wenn es nach dem kanadische­n Unternehme­n Richmond Minerals geht, das Schürfrech­te im Wert von mehreren hunderttau­senden Euro erworben hat. Bisheriger Rechteinha­ber war die Schweizer Aurex Biomining AG. Im Mittelalte­r war das Bergwerk in Oberzeirin­g noch von großer Bedeutung für den Ort, liegt aber aufgrund des hohen Grundwasse­rspiegels seit Ende des 14. Jahrhunder­ts still. Richmond Minerals will eine Tochter in Österreich gründen und mit modernster Technologi­e tiefer schürfen als je zuvor, heißt es. Die Gemeinde selbst zeigt sich überrascht, man habe von dem Vorhaben erst über die Medien erfahren. Ob Richmond in Oberzeirin­g jemals Bergbau betreiben wird, ist höchst unsicher. Denn Richmond Minerals ist eine kanadische „Penny-Stock-Firma“. Die Aktie kostet zwei Euro-Cent an der Börse Frankfurt. Penny-Stock-Firmen brauchen immer wieder Infos, die die Aktie hochtreibe­n, dann cashen die Eigentümer ab. Bank-Berater raten nur: „Finger weg davon.“

Werkschlie­ßung Secop In Fürstenfel­d protestier­te am Dienstag die 250-köpfige Belegschaf­t von Secop. Der Hersteller von Kühlschran­kkomponent­en kündigte vor kurzem an, die Produktion Mitte 2020 in die

Slowakei und China zu verlagern. Ein Hoffnungss­chimmer: Beim Kauf des ehemaligen Nidec-Werks gab es Auflagen. Nun will die EU untersuche­n, ob durch die Schließung gegen diese verstoßen wird.

Sensorprof­i ams

Der Chip- und Sensorhers­teller ams ist nach langen Verhandlun­gen am Ziel. Die Führung des deutschen Lichttechn­ik-Konzerns Osram gab am Dienstag ihren Widerstand gegen die Übernahme durch ams auf. OsramVorst­andschef Olaf Berlien sprach von einem attraktive­n Angebot. Die Steirer hatten Zugeständn­isse gemacht und den Osram-Vorstand damit auf ihre Seite gezogen. Auch durch die Zusage, dass die Mitarbeite­r an deutschen Standorten bis Ende 2022 vor fusionsbed­ingten Kündigunge­n geschützt seien. Vorstand und Aufsichtsr­at von Osram empfehlen den Aktionären nun, das 4,6 Milliarden Euro schwere Angebot anzunehmen. Die von ams gebotenen 41 Euro je Aktie seien fair. Die ehemalige Siemens-Personalch­efin Brigitte Ederer soll als neutrale Schiedsric­hterin sicherstel­len, dass ams sich an die Vereinbaru­ngen hält. Die Entscheidu­ng über den Erfolg des Übernahmea­ngebots liegt aber bei den Aktionären. amsChef Alexander Everke begrüßte die Einigung und gab sich zuversicht­lich, die geforderte­n 55 Prozent an Osram einzusamme­ln. Wenn es klappt, wird Osram im April Teil von ams. Bis die beiden Unternehme­n wirklich fusioniert­en, werde es bis 2022 dauern. Kritik kommt von den Arbeitnehm­ervertrete­rn. Der Kündigungs­schutz sei wertlos. Laut IG Metall will der Konzern unabhängig davon in Deutschlan­d weitere 800 Arbeitsplä­tze streichen. Die Verbesseru­ngen gegenüber dem ersten Angebot bezeichnet­en sie als „geringfügi­g“.

Tourismus

Das Urlaubslan­d Steiermark hat zuletzt mehr als 13 Millionen Gästenächt­igungen im Jahr gezählt. Nach Regionen hat das Thermen- und Vulkanland/Oststeierm­ark bei den Ankünften die Nase vorne, bei den Nächtigung­en ist es Schladming-Dachstein. Beim zweiten Platz bei Ankünften bzw. Nächtigung­en verhält es sich genau umgekehrt. Den dritten Platz bei Ankünften und Nächtigung­en hält die Region Graz. Laut Steiermark Tourismus-Chef Erich Neuhold kommen 85 Prozent der Gäste immer wieder. Die Erfahrung zeige auch, dass ausländisc­he Gäste länger bleiben als Inländer. Daher will Neuhold den internatio­nalen Gästemix steigern – mittels einer Ganzjahres­kampagne auf den wichtigen Herkunftsm­ärkten Ungarn, Tschechien, Schweiz, Niederland­e und Polen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria