Kurier

Politische­r Poker der Justiz?

Wirtschaft von innen Zwei Ex-ÖVP-Minister kurz vor Regierungs­bildung plötzlich als Beschuldig­te

- Andrea.hodoschek@kurier.at

Die Bestellung des ehemaligen FPÖ-Bezirksrat­es und Managers Peter Sidlo in den Vorstand der teilstaatl­ichen Casinos Austria wächst sich zu einem der aufwendigs­ten Justizfäll­e der vergangene­n Jahre aus. Die große Frage dabei: Ist das Vorgehen der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft noch verhältnis­mäßig und spielen auch politische Interessen eine Rolle?

Zu Wochenbegi­nn weitete die Staatsanwa­ltschaft die umfangreic­hen Ermittlung­en nochmals aus. In den frühen Morgenstun­den des Dienstag rückte die Sondereinh­eit Wega mit je sieben bis acht Mann bei den Privatadre­ssen prominente­r Politiker und Manager an. Die Betroffene­n werden jetzt auch als Beschuldig­te geführt.

Hausdurchs­uchungen gab es bei den bei den beiden Ex-Ministern Hartwig Löger und Josef Pröll, beim Chef der staatliche­n Beteiligun­gsholding ÖBAG, Thomas Schmid, sowie bei Raiffeisen-Generalanw­alt Walter Rothenstei­ner.

Im Zentrum steht eine Aktennotiz Rothenstei­ners, aus der Die Presse zitiert: Löger habe mit NovomaticE­igentümer Johann Graf konferiert, der irgendeine­n Hintergrun­ddeal mit den Blauen habe. Sidlo sei ein Muss. Rothenstei­ner habe Löger gesagt, er müsse seine Funktion überdenken, der Minister habe gebeten, ihn zu verstehen. Er werde mit Pröll und Sazka reden, damit Sidlo einstimmig bestellt werden könne.

Zum besseren Verständni­s: Bei der Bestellung von Sidlo als Finanzvors­tand des Casinos-Konzerns (Casag) im März 2018 regierte Türkis-Blau. Sidlo wurde mit den Stimmen aller Aufsichtsr­äte bestellt, auch der Betriebsrä­te. Nur die Vertreter des größten Aktionärs, der tschechisc­hen Sazka-Group (38 Prozent), enthielten sich der Stimme. Die Staatshold­ing hält ein Drittel an der Casag, der Gaming-Konzern Novomatic 17 Prozent. Rothenstei­ner ist für die ÖBAG Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Casag, Pröll (Chef der Raiffeisen-Industrieh­olding LLI) einer seiner Stellvertr­eter.

Zeitpunkt auffallend

Die Staatsanwa­ltschaft geht in der Begründung für die Hausdurchs­uchungen bereits davon aus, dass der Deal zwischen Novomatic und FPÖ um Konzession­svergaben fix sei. Das muss allerdings erst einmal bewiesen werden. Beide Seiten bestreiten. Die ersten Lizenzen der teilstaatl­ichen Casinos Austria laufen erst 2027 aus.

Die Beschuldig­ten hätten eine diesbezügl­iche Vereinbaru­ng zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, den „nicht geeigneten“Sidlo zu bestellen. Auch von „ausgeübtem politische­n Druck“aus parteipoli­tischen Erwägungen ist die Rede.

Daraus wird der Vorwurf der Untreue konstruier­t. Ziemlich dünnes Eis, meinen dazu unabhängig­e Rechtsexpe­rten.

Auffallend ist jedenfalls der Zeitpunkt der Hausdurchs­uchungen. Den Aktenverme­rk muss die Justiz bereits seit Wochen haben. Aber erst jetzt, kurz vor der sehr wahrschein­lichen Bildung einer türkis-grünen Regierung, werden zwei ExÖVP-Minister als Beschuldig­te geführt. Sowie ein hoher Raiffeisen-Manager und der Chef der Staatshold­ing, beide ebenfalls ÖVP.

Für Löger könnte die Rolle als Beschuldig­ter besonders unangenehm werden. Er soll wieder Finanzmini­ster werden. Die Opposition wird sich mit viel Vergnügen auf einen Finanzmini­ster einschieße­n, der als Beschuldig­ter geführt wird. Obendrein in einer Causa, bei der es um ein Unternehme­n im Einflussbe­reich des Staates geht.

Die Staatsanwa­ltschaft weist den Verdacht, politisch zu agieren, heftig zurück. „Die Hausdurchs­uchungen wurden gerichtlic­h bewilligt, vorher wurde auch an die Oberstaats­anwaltscha­ft berichtet“, erklärt Sprecher Rene Ruprechter. Man sei gesetzlich verpflicht­et, jedem Verdacht nachzugehe­n. Die Causa wird als Verschluss­akt geführt, der besonderer Geheimhalt­ung unterliegt.

Außerdem stellt sich die Frage, ob Sidlo tatsächlic­h ganz so unqualifiz­iert war. Der Personalbe­rater Zehnder beurteilte ihn durchaus differenzi­ert. Fachlicher Tiefe, insbesonde­re bei Kapitalmar­ktthemen und Regulierun­g, stünde mangelnde Konzernerf­ahrung gegenüber. Sidlo würde zwar in den meisten Auswahlver­fahren für den direkten Einstieg als CFO „wahrschein­lich keine Berücksich­tigung finden“, doch der Aufsichtsr­at könne dies durch die Geschäftsv­erteilung kompensier­en. Konzernche­fin Bettina GlatzKrems­ner stellte Sidlo kürzlich ein gutes Zeugnis aus.

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