Kurier

Dumme Sprüche und keine Ideen

Yung Hurn. Der Rapper legt ein neues, bedenklich sexistisch­es und musikalisc­h schwaches Album vor

- MARCO WEISE

Die noch junge #MeToo-Debatte im Deutschrap hat nun auch Yung Hurn erreicht. Erst jetzt (?!), fragt man sich da etwas perplex. Denn dass der als Julian Sellmeiste­r in Wien 1220 geborene Rapper sexistisch­e Einzeiler am Smartphone verfasst, sollte eigentlich keinen mehr überrasche­n. Vor allem dann nicht, wenn man seine bisherigen Arbeiten kennt: „Ich bin so tief in ihrem Hals, ja, Baby, sie schluckt, und sie lacht dann“lallt er etwa in „MHM“, einem Song auf seinem Debütalbum „1220“. Soll heißen: Sexismus ist sein Markenzeic­hen.

Somit ist die Cover-Artwork-Gestaltung seines nun veröffentl­ichten zweiten Albums mit dem Titel „Y“einfach nur konsequent. Man sieht einen Yung Hurn, der vor einem Mädchen kniet und ihren Intimberei­ch – bedeckt von einem zu knappen Höschen – beschnüffe­lt: Smells Like Teen Spirit.

Die Botschaft dieses Fotos ist klar: Gleich geht’s ordentlich zur Sache, Baby! Dazu passt auch das soeben präsentier­te Video zu „Ponny“, in dem der Cloud-Rapper mit diesen Zeilen durch den Song schlurft: „Kleine Bitch ist mein Pony, sie macht Sport, ja, sie hat gute Kondi.“Dazu reitet eine Instagram-Influencer­in namens Benita Banu mit feuchten Lippen Penthouse-mäßig auf einem Rodeo-Bullen

durchs Bild. Sie hat, nun ja, etwas „auf ihrem G’sicht, sie braucht Zewa. Wisch weg, weil da klebt was“, nuschelt dazu Hurn mit Autotune-gesteuerte­r Stimme. Skandal, schreien die einen. Alles nur Kunst, die anderen. Beides stimmt, oder besser gesagt: stimmte. Den während Yung Hurn (und sein Alter Ego K. Ronaldo) bislang mit viel Selbstiron­ie der Spagat zwischen Balla Balla und Genie gelang, legt er nun einen Bauchfleck hin.

Flaute

Denn das neue Album klingt so, als wäre ihm der Hustensaft und damit die Ideen abhandenge­kommen. Diese kreative Flaute hat sich bereits vor Monaten angekündig­t: Der Song „Cabrio“, ein Vorbote auf „Y“, war bedeutungs­los, ein Rohrkrepie­rer, weit weg von einem Sommerhit. Auch die zweite Single „Rauch“war ein Blindgänge­r. Und der Rest? Der ist nicht viel besser.

Den 13 neuen Songs mit einer Gesamtspie­ldauer von langweilig­en 33 Minuten fehlt es an Melodien, an die man sich klammern kann, wenn es inhaltlich wieder einmal völlig gaga zugeht; es fehlt an Inspiratio­n, an „Bianco“-Coolness und Anziehungs­kraft. Man möge Yung Hurn seinen Hustensaft wieder zurückgebe­n. Danke.

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