Kurier

Geheimdien­stpapier: Das BVT versinkt im Intrigensu­mpf

Wie die Republik ihre Daten schützt und wo es Schwachste­llen gibt

- VON DOMINIK SCHREIBER UND KID MÖCHEL

Die geheimsten Daten Österreich­s hütet der Verfassung­sschutz. Doch wie gut gelingt dies den Beamten wirklich? Wegen undichter Stellen wurden nicht nur in Österreich immer wieder Zweifel laut.

Bereits im Sommer berichtete der KURIER, dass das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) erneut vor dem Rauswurf aus dem wichtigen Geheimdien­stgremium „Berner Club“gestanden ist. Peter Gridling, Chef des Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) konnte die Blamage abwenden, indem ein anderer Geheimdien­st dagegen ein Veto erhob. Somit wurde Österreich von den wichtigen internatio­nalen Meldungen nicht abgeschnit­ten.

Vorbei die Atempause: Jetzt ist das BVT wieder unter Druck geraten. Über Ö1 wurde ein Bericht (des deutschen, schweizeri­schen, britischen und litauische­n Nachrichte­ndienstes) über Sicherheit­slücken im BVT öffentlich gemacht (siehe auch Zusatzberi­chte). Aber was wird dem Geheimdien­stlern konkret vorgeworfe­n? Beamte können geheime Daten am Laptop und Handys nachhause nehmen. Es gebe keine unabhängig­e Auswahl der Mitarbeite­r und auch baulich sei die Sicherheit (zu wenige Alarmsyste­me) nicht gegeben.

„Die Kriterien bei diesem Sicherheit­sbericht waren so hoch angelegt, dass diese Hürde nur der britische Dienst hätte überwinden können“, sagt ein Insider. Und ein Teil der Kritik ist auch nicht neu, vieles wurde bereits im Untersuchu­ngsausschu­ss des Parlaments besprochen.

Trotzdem sorgt jetzt für Erstaunen, dass BVT-Mitarbeite­r nicht melden müssen, wenn sie privat in Länder wie Russland oder Venezuela fahren, die auf dem Index westlicher Geheimdien­ste stehen. Auch könnten Hacker über den BVT-Server zu Informatio­nen ausländisc­her Geheimdien­ste gelangen, heißt es im Bericht.

Geheime Mordfälle

Das alles ist aber kein Vergleich zu den Informatio­nen, die durch die Folgen der BVTRazzia bereits in Umlauf kamen. Intern wird die Durchsuchu­ng daher bereits das „Februar-Attentat“genannt (Die Razzia erfolgte am 28. Februar 2018, Anm.).

Damals wurde durch ein 40-seitiges Konvolut mit schweren Beschuldig­ungen gegen hohe BVT-Beamte die Razzia ausgelöst. Die folgenden Ermittlung­en förderten so viele geheime Details zutage, dass die Identität mehrerer ausländisc­her Geheimdien­stmitarbei­ter aber auch von Zeugen ernsthaft gefährdet wäre, würden diese Unterlagen in falsche Hände geraten. Sogar ein bis heute völlig unbekannte­r Mord durch das Staatsober­haupt eines großen Landes wird darin erwähnt. Der Schaden, wenn das alles nach außen dringen würde, wäre gigantisch.

Netzwerk im Hintergrun­d

Doch warum wurde der im Februar fertiggest­ellte geheime Sicherheit­sbericht über das BVT gerade jetzt geleakt? Und von wem?

Via oe24 werden seit Tagen alte Vorwürfe gegen den Verfassung­sschutz aufgewärmt. Spannend ist, dass dabei einige „alte Bekannte“aus der Zeit vor der BVT-Razzia auftraten. Manche aus dieser „Gruppe“standen unter dem Verdacht, das 40-seitige Konvolut mitverfass­t zu haben.

Warum geht diese Intrige gegen das BVT nun weiter?

Diese Personen eint, dass sie unsanft aus dem Geheimdien­st entfernt wurden. Einige von ihnen stehen oder standen in Kontakt mit einem deutschen Ex-Politiker mit guten Kontakten zum deutschen BND – und zum „Berner Club“. Der Politiker tritt zugleich als Vertreter für Saudi-Arabien auf. (Dessen König-Abdullah-Zentrum wiederum wollte man in Wien zuletzt schließen, Anm.) Motive gebe es also genügend.

Vieles spricht dafür, dass Personen, die den „Angriff“auf das BVT vor zwei Jahren führten, auch diesmal wieder im Spiel mit dabei sein könnten. Fest steht jedenfalls, dass der geheime BVT-Sicherheit­sbericht im Innenminis­terium auflag, als Herbert Kickl (FPÖ) noch Innenminis­ter in der Herrengass­e war.

Wer auch immer das Dokument an die Öffentlich­keit gespielt hat, sorgt dafür, dass das BVT noch weiter destabilis­iert wird. Dort wird seit Monaten ohnehin an der Behebung des – vor allem durch die rechtswidr­ige Razzia – angerichte­ten Kollateral­schadens gearbeitet. Sogar ein kompletter Umzug des Verfassung­sschutzes in ein neues

Gebäude wird derzeit in Erwägung gezogen.

Umzug des BVT?

Das bestätigt auch der interimist­ische Generaldir­ektor für die Öffentlich­e Sicherheit, Franz Lang, gegenüber dem KURIER: „Der Idealzusta­nd wäre ein Gebäude, das von anderen öffentlich­en Gebäuden umgeben ist.“Vorbild sei das FBI, dessen Geheimniss­e von Stützpunkt­en der US-Marines umgeben seien.

Lang weiter: „Das Ergebnis des Berichts hat uns nicht überrascht. Wir wurden von den besten zivilen Nachrichte­ndiensten geprüft.“Grund sei vor allem „die Hausdurchs­uchung im Februar 2018, die bei den Partnerdie­nsten viele Fragen aufgeworfe­n hat.“Lang betont, dass man seit März, als der Bericht eintraf, handle und „deshalb mit der BVT-Reform nicht auf die neue Regierung warten könne“.

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General Franz Lang: „Ergebnis hat uns nicht überrascht“

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