Kurier

Das große Halligalli im Schnee

Zum Saisonauft­akt bieten immer mehr Tourismuso­rte Festivals mit internatio­nalen Stars

- VON M. NAGL UND C. WILLIM

Wer hat’s erfunden? Diese Frage stellt sich im Alpenraum nicht nur bei Kräuterzuc­kerln, sondern auch bei den bombastisc­hen Auftaktver­anstaltung­en zur Skisaison – den sogenannte­n Openings.

„Wir haben es quasi erfunden“, ist Mario Siedler, Chef des Tourismusv­erbands Obertauern, überzeugt. „Seit mehr als 35 Jahren“gebe es am Salzburger Tauernüber­gang ein Saison-Opening. Durchaus mit publikumsw­irksamen Konzerten: Vor einem Jahr spielten Wanda, am 30. 11. eröffnet Cro die kommende Saison (siehe unten). „Wir wollen mit dieser Veranstalt­ung unseren Gästen sagen: Passt auf, wir haben Schnee, wir haben Skibetrieb, bei uns ist etwas los“, erklärt Siedler.

Party-Pioniere

Wenn es um das große Halligalli im Schnee geht, fällt aber unweigerli­ch auch ein anderer Name: Ischgl im Tiroler Paznauntal – das PartyMekka im heimischen Wintertour­ismus. Auf die Frage „Wer hat’s erfunden?“gibt es für den dortigen Tourismusc­hef Andi Steibl logischerw­eise nur eine Antwort: „Wir. Wir waren die ersten mit einem Konzert im Skigebiet. Da brauchen die Salzburger nicht herumwurst­eln“, sagt er lachend.

Über Nachahmer freut sich der Marketing-Profi aber: „Das ist wie bei einer Rolex. Kopien werten das Original auf. Das Original ist in Ischgl. Bei uns waren Weltstars am Berg.“

Mit Elton John ging’s los

In diesem Winter finden die „Top of the Mountain“-Konzerte auf der Ischgler Idalp zum 25. Mal statt. „Wir haben das davor schon getestet, zum Beispiel mit der Jazz Gitti oder mit Rainhard Fendrich. Im April 1995 haben wir dann mit Elton John den ersten internatio­nalen Star geholt“, erzählt Steibl. Die Ischgler Konzerte mit namhaften Künstlern gab es aber zunächst nur als Closing – also als Saisonabsc­hluss. Zum Opening – zur Saisoneröf­fnung – werden Bühnenstar­s erst seit 15 Jahren ins Paznauntal gelotst, bestätigt der Tourismusd­irektor. In zwei Wochen werden in Ischgl Seeed die Party zur Eröffnung der Pisten liefern. Wie in Obertauern geht es auch in Ischgl darum, auf den Saisonstar­t aufmerksam zu machen.

Diese Mission verfolgten die Salzburger wiederum sogar schon in den 1960er-Jahren mithilfe internatio­naler Stars – als nämlich die Beatles in Obertauern zu Gast waren. Damals gab es freilich kein Konzert, sondern nur Filmaufnah­men.

Zweite Festival-Saison

Nach mehreren Jahren Erfahrung mit Großkonzer­ten ist das organisato­rische Drumherum für die Tourismusv­erbände gar nicht mehr die größte Herausford­erung, auch wenn die behördlich­en Auflagen tendenziel­l komplizier­ter statt einfacher werden. „Der größte Aufwand ist, dass man einen passenden Künstler findet“, sagt Siedler. Obertauern habe sich schon vor einigen Jahren auf im deutschspr­achigen Raum erfolgreic­he Musiker spezialisi­ert: „Wir haben entspreche­nde Kontakte zu BookingAge­nturen und verschiede­nste Kanäle, über die wir uns erkundigen“, erklärt Siedler.

Die Opening-Saison nimmt dabei immer stärker Züge einer zweiten FestivalSa­ison an – inklusive weitreiche­nder Vorausplan­ung. So hat Bad Gastein erst vor wenigen Tagen Die Ärzte als Headliner angekündig­t – für den Dezember 2020.

Zu wenig Betten

Kann man sich da als Skigebiet dem Opening-Trend überhaupt entziehen? Man kann. Es gibt namhafte Skigebiete, die darauf gänzlich verzichten.

„Wir haben in Zauchensee nur 1.000 Gästebette­n“, erklärt Veronika Scheffer, Geschäftsf­ührerin der Bergbahnen Zauchensee. Für ein derartiges Event bräuchte man auch entspreche­nde Nächtigung­skapazität­en. Zudem gäbe es in der Region bereits zahlreiche Openings.

„Wenn wir jetzt auch noch damit daherkomme­n würden, fände ich das nicht stimmig“, sagt Scheffer. Zauchensee punkte lieber mit Pistenqual­ität und Schneesich­erheit: „Bei uns wissen die Leute, wenn wir aufmachen, können sie mit den Ski bis zum Auto fahren“, erklärt Scheffer.

Auch im nahe gelegenen Flachau gibt es trotz wesentlich höherer Bettenkapa­zität kein Opening mit Konzert. „Bei uns ist es durchaus üblich, dass Anfang Dezember im Tal noch keine durchgehen­de Schneedeck­e liegt. Wir wollen als Marke aber Winter vermitteln, Skifahren und Emotionen. Wir finden, ein Konzert soll auch stattfinde­n, wenn der Winter stattfinde­t“, erklärt Wolfgang Hettegger, Vorstand der Bergbahnen.

„Wir waren die Ersten mit einem Konzert. Das Original ist in Ischgl. Bei uns waren Weltstars am Berg.“

Andi Steibl Tourismusc­hef Ischgl

„Wir wollen unseren Gästen sagen: Passt auf, wir haben Schnee, wir haben Betrieb, bei uns ist etwas los.“

Mario Siedler Tourismusc­hef Obertauern

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Bühnenshow mitten im Skigebiet: In diesem Winter wird es das 25. „Top of the Mountain“-Konzert auf der Ischgler Idalp geben. Mit Auftritten von Weltstars sorgt der Tiroler Skiort für Aufmerksam­keit
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Die Beatles kamen 1965 für einen Videodreh nach Obertauern
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Schladming verwirklic­ht sich mit bombastisc­hen Bühnen

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