Kurier

Von Rabattitis und Fälschunge­n

· Black Friday. Kommende Woche fällt der Startschus­s zum Weihnachts­geschäft. Ob nachgemach­te Produkte oder Paketflut – was beim Shoppen zu bedenken ist. · · ·

- VON CHRISTINE KLAFL

Der Körpereins­atz, mit dem Kunden um preisreduz­ierte Fernseher oder andere Elektroger­äte ringen, erinnert an Rugby-Szenen. Ähnliche Rabatt-„Schlachten“, wie sie zum Black Friday in den USA stattfinde­n (siehe Bild links), gibt es in Europa zwar noch nicht. Sondereink­aufstage wie der Black Friday, der heuer auf den 29. November fällt, und der Cyber Monday (2. Dezember) gewinnen aber auch in Österreich rapide an Bedeutung. Seit etwa zehn Jahren markieren diese Tage den frühen Start des Weihnachts­geschäfts. Mit der Chance auf günstige Beute. Aber auch mit etlichen Schattense­iten.

Der „Schwarze Freitag“war ursprüngli­ch ein ausschließ­lich lokales Geschäft. Davon ist nicht mehr viel geblieben. Von jenen, die fix Einkäufe planen, will nur etwa jeder Zehnte ausschließ­lich im stationäre­n Handel zuschlagen, ergab eine Umfrage des Handelsver­bandes (s. Grafik re.). Vom großen Einkaufsku­chen wandert Stück für Stück ins Internet ab. Trotzdem machen immer mehr Läden mit, um wahrgenomm­en zu werden. „Sie sollten diese Tage nutzen, um neue Kundengrup­pen zu gewinnen“, sagt Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes. Bei aller Aktionitis sollte aber nicht auf die Spanne vergessen werden, mahnt er. „Rabatte klug einsetzen, um Kunden zu Stammkunde­n zu machen“, sagt auch Iris Thalbauer, Geschäftsf­ührerin der Bundesspar­te Handel in der Wirtschaft­skammer (WKO).

Den Experten ist aber trotzdem bewusst: Nicht nur an besonderen Einkaufsta­gen wächst der Online-Handel acht Mal schneller als der stationäre. Und weil viele der Online-Anbieter nicht im Inland sitzen, schwillt der Kaufkrafta­bfluss weiter und weiter an. Mit sämtlichen Konsequenz­en – etwa dem Verlust an heimischen Arbeitsplä­tzen. Oder der Flut an Paketen und Retouren, die alles andere als klimaneutr­al unterwegs sind. „Bei den Jungen tut sich da eine große Kluft auf“, meint Rainer Will. Am Vormittag für Klimaschut­z zu demonstrie­ren und am Nachmittag bei Amazon zu bestellen, sei keine Seltenheit.

Am kommenden Freitag ruft die Umweltbewe­gung „FridaysFor­Future“übrigens zum Klimastrei­k vor der OMV-Zentrale und den Ministerie­n für Nachhaltig­keit und Wirtschaft auf.

70 Prozent, 80 Prozent und auch mehr Nachlass verspricht so manches Schnäppche­n. Aber Nachlass wovon? In der Regel wird der unverbindl­ich empfohlene Verkaufspr­eis des Erzeugers herangezog­en, der in Wahrheit so gut wie nie verlangt wird. Die Vergleichs­plattform idealo.at hat 900 Produkte analysiert und ist zum Schluss gekommen: 58 Prozent waren am Black Friday tatsächlic­h günstiger als in den vier Wochen davor. Die durchschni­ttlichen Rabatte machten allerdings nur null bis acht Prozent aus. Trotzdem gibt es sie, die MegaSchnäp­pchen. Bei Spielekons­olen und Fernsehern wurden Ersparniss­e von bis zu 36 beziehungs­weise 33

Prozent geortet. Der Tipp der Experten: Schon vor dem Einkaufsra­usch Preise vergleiche­n, um ein Gespür dafür zu entwickeln, wie ernst man die angebotene­n Rabatte wirklich nehmen kann.

Ab 2021 darf übrigens – laut EU-Regelung – nur noch der Rabatt von jenem Preis angezeigt werden, der an den 30 Tagen davor verlangt wurde. Der heimische Handel hofft, dass die künftige Regierung die EU-Vorgabe schon früher umsetzt.

„Es ist davon auszugehen, dass jetzt besonders viele Plagiate im Umlauf sein werden“, meint Handelsver­bandschef Will mit Blick auf die verschiede­nen OnlinePlat­tformen. Als besonders schwarzes Schaf hat er die US-Plattform wish.com identifizi­ert, die zur Gänze von asiatische­n Händlern bedient wird. Die Plattform habe besonders bei jungen Käufern extreme Zuwachsrat­en. Rainer Wills Warnung: „Aus meiner Sicht sind die Produkte zu hundert Prozent Fake.“Auf Plagiate hereinzufa­llen, kann aber auch woanders passieren. Von den hunderten Testbestel­lungen, die der Handelsver­band etwa bei der chinesisch­en Plattform AliExpress.com gemacht hat, „waren auch hundert Prozent Fake“. Die Forderung, dass große Internet-Plattforme­n von sich aus nachgemach­te Produkte entfernen, blieb allerdings bisher ungehört.

Anders als in Deutschlan­d darf der Handel in Österreich übrigens die Wortmarke Black Friday verwenden, ohne Gebühren fürchten zu müssen. Eine entspreche­nde Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts Wien ist rechtskräf­tig.

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