Kurier

„Hundehalte­r sind Egoisten“

- VON BIRGIT BRAUNRATH birgit.braunrath@kurier.at facebook.com/BeagleDari­a

Neulich ertappe ich mich bei einem erschrecke­nden Gedanken, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich dazu fähig wäre. Ich sagte zu Daria: „Gut, dass du schon so alt bist.“

Auch sie hatte nicht damit gerechnet, dass ich zu solch einer Frechheit fähig wäre. Energisch schüttelte sie ihr Fell auf, richtete den Rücken gerade und hob stolz den Beagledame­n-Kopf, der inzwischen einigermaß­en weiß, aber ungebroche­n schön ist: „Wie meinst du das?“

Ich überlegte kurz und sagte: „Du konntest viele Jahre in einem wohlwollen­den, freundlich­en Umfeld leben.“Und ich sah, dass Daria das für selbstvers­tändlich hält. Sie begegnet den Menschen aufmerksam, aufgeschlo­ssen und mit einer Marathon-Geduld – und kann daher nicht verstehen, warum IHR jemand auf andere Weise begegnen sollte.

Aber wie erkläre ich einem Beagle mit hoher sozialer Intelligen­z, dass Menschen jetzt Menschen auf dem Rücken der Hunde wechselsei­tig gegeneinan­der aufhetzen? Dass die Politik bei uns in Niederöste­rreich nun Vernünftig­es mit Unvernünft­igem vermischt? Dass ein Landesrat so tut, als müsste man entweder für Kinder oder für Hunde sein (und wie könnte man eine Gesellscha­ft effiziente­r spalten?). Dass ein Gesetz unterwegs ist, das viel Wind sät und noch mehr Sturm ernten lässt, jedoch nicht dafür gemacht ist, den Kinderschu­tz dort zu gewährleis­ten, wo am meisten passiert: im heimischen Umfeld. Weil dieses Gesetz nicht Hundehalte­r aller Rassen in die Pflicht nimmt, sich in zertifizie­rten Hundeschul­en damit auseinande­rzusetzen, wie man mit Hunden in welcher Umgebung umgeht.

Aber das Gesetz lässt aufhorchen. Weil es plötzlich salonfähig ist, zu sagen: „Alle Hundehalte­r sind Egoisten.“Das erinnert an: „Alle Radfahrer sind rücksichts­los.“Ich bin Hundehalte­rin, und ab und zu bin ich Radfahreri­n. Ich bin dabei rücksichts­voll, leide aber vermutlich noch mehr als Nicht-Hundehalte­r und NichtRadfa­hrer unter der Rücksichts­losigkeit anderer, weil ich ja unmittelba­r davon betroffen bin. Alle unter Generalver­dacht zu stellen, macht neue Probleme statt Lösungen. Denn der Generalver­dacht ist das größte Gift einer Gesellscha­ft. Und wenn Menschen nur ein paar Regeln lernen, wie man mit Hunden gut umgeht, können sie von Hunden so viel mehr lernen und profitiere­n, als sie je geahnt hätten.

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BRAUNRATH BIRGIT Niederöste­rreichs Hunden bläst ein rauer Wind entgegen, Daria versteht die Welt nicht

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