Drachenrolle vorwärts
Der Hund hatte Rückenschmerzen und hinkte, was den Gang zur besten Tierärztin der Welt nötig werden ließ. Diese verordnete Akupunktur. Während er neben seinem guten Freund, der zufällig am selben Tag einen Termin bekommen hatte, am Behandlungssofa saß und beide sorgenvoll die Nadeln im Rücken es jeweils anderen betrachteten, taten die Besitzerinnen wiederum dasselbe bei den Hunden. Das Gespräch mäanderte über die Hundeigelrücken hinweg zwischen medizinischen und sonstigen Themen dahin, bis irgendwann einmal der nicht unwichtige Aspekt eines möglichen Abendessens dabei gestreift wurde. Gegessen musste werden. Aber wo und was? Mit einem nachdenklichen Blick auf die langen Nadeln flüsterte ich: „Was Asiatisches bitte.“Die Freundin hauchte zurück: „Und was wirklich Gutes.“Und wenn man im zweiten Bezirk in der Nähe des Nestroyplatzes ist, fällt einem zu „sehr gut“und „asiatisch“eigentlich in weniger als einem Sekundenbruchteil das Mochi ein. Jenes Mochi, in dem man ab und an einen glutäugigen und piratengleichen Herrn hinter der Holztheke beim Säbeln und Werfen zusehen kann, und das ich schon mehrmals nur wegen dem inspirierend eleganten Flug seiner Hände besucht habe. Und wegen der Drachen. Die undezente Begleitung der letzten Besuche waren immer die Drachen. Beheimatet in der Dragon Roll mit knusprigfettem Aal, bestreut mit rotem Pseudokaviar, bekuschelt von einem naturfärbigen eingelegten Ingwer, der auf das kreischend Pinke seiner ordinären Nachahmer verzichtet, scharf mit einem Schuss Sojasauce ins Nirwana abfliegend. In Gesellschaft des Drachens fühlt sich auch sein sanfteres Geschwisterchen Dana Roll wohl. Lachs in Avocadohülle und Trüffelmayonnaise, die sogar mir, der Mayo-Hasserin, dennoch vorzüglich mundet. Aber das Mochi und damit der glutäugige Herr blieben uns tragisch im Regen stehend verwehrt, weil es wie üblich ausgebucht war. Das machte allerdings nichts, weil Mochi sich ganz zauberhaft multipliziert hat. Neben dem Take-away OMK, in dem neben eingelegten Ceviche-Tomaten auch hervorragendes vegetarisches Curry und böse, böse, böse im Glas auf dreierlei Arten getürmte Mousse au Chocolat erworben und vor Ort verspeist werden können, ist nun auch eine kleine Deli-Bar mit schönen reduzierten Vollholzmöbeln auf eher knapp gehaltenem Raum aufgepoppt. Dort treffen sich Ost und West unter anderem in einer italienischen Softeismaschine. Genau genommen in dem üppigen Milcheis und der darüber verteilten Kokos-Karamel- und Koniko-Mischung. Falls jemand, so wie ich, zuvor nicht wusste, was Koniko ist: ein geröstetes Sojabohnenkrokant, das der weichen Süße eine originell herbe Härte entgegensetzt. Abgesehen davon lag dort völlig schamlos eine fruchtigsäuerliche Yuzu-Tarte herum. Aber nicht lange. Handgemachte Mochis mit Zimtfüllung sprangen der Tarte bald hinterher. Und der Kaffee war hervorragend. Wir können nun die nächste Akupunktur kaum erwarten. Wir, die Besitzerinnen. Die Hunde haben sich noch nicht dazu geäußert.
Praterstraße 15, 1020 Wien
Tel. 01/ 925 13 80, mochi.at täglich von 11.30–22.00 Uhr geöffnet