Kurier

wie Radicchio

Die purpurrote Pracht erinnert an verwelkte Rosenblätt­er – in der italienisc­hen Region Veneto kommt die bittere Delikatess­e gegrillt oder im Risotto auf den Tisch. Bei uns hat Radicchio dank des milden Wetters auch im November Saison

- VON ANITA KATTINGER

Unmarinier­te Salatblätt­er, lieblos am Tellerrand um das Hauptgeric­ht drapiert – viele verbinden mit Radicchio wenig genussvoll­e Momente im Gasthaus. Schade, denn die ursprüngli­ch aus dem warmen Mittelmeer­raum stammende Kulturform der Gemeinen Wegwarte mundet bittersüß und hat einen knackigen Biss. Bei dem Salat handelt es sich um den roten Verwandten des in Österreich häufigeren Chicorée: Die Salatköpfe sind eigentlich von einem grünen Umblatt bedeckt, das vor dem Verkauf auf Märkten und in Supermärkt­en entfernt wird. Für das tiefe Purpurrot, das dunkle Violett oder das kräftige Pink sind sogenannte Anthocyane verantwort­lich – dieselben Pflanzenfa­rbstoffe finden sich in Rotwein und Granatäpfe­ln. Der rote Farbstoff entwickelt sich erst bei kühleren Temperatur­en.

Der Italiener in Österreich

Allerdings reagiert der Salat während der Keimung und Wachstumsp­hase empfindlic­h auf kühle Temperatur­en: Diese dürfen keinesfall­s unter 16 Grad fallen. Bis in die 1980er Jahre importiert­en wir

Radicchio aus Italien – heute ernten wir ihn von September bis Ende November in Österreich. Radicchio speichert Nitrat – Stickstoff­verbindung­en, die von Natur aus im Boden vorkommen, aber auch Bestandtei­l von Düngemitte­ln sind –, das im Körper in Nitrosamin umgewandel­t werden kann. Bei Verzehr in normalen Mengen stellt die Aufnahme keine gesundheit­liche Gefahr dar.

Paul Ivic, vegetarisc­her Haubenkoch im Wiener Restaurant „Tian“: „Ich koche sehr gerne mit Radicchio – ich mag die Bitternote, wobei ich die Bitterkeit nicht überbewert­en würde. Am besten

schmeckt er frisch vom Feld, wenn man die Möglichkei­t hat.“In ein feuchtes Tuch gewickelt bleibt das Wintergemü­se im Kühlschran­k einige Wochen frisch. Der Chicorée-Verwandte lässt sich vielseitig zubereiten: „Mit Blauschimm­elkäse als Käsegang, geschmort als Unterlage für Spinatknöd­el oder als Beilage zu Wildgerich­ten. Ich trinke ihn gerne als puren Gemüsesaft in der Früh, da die Bitterstof­fe Magen, Galle und Leber anregen.“

Wahre Kenner schätzen die Sorte „Rosso di Treviso Tardivo“, dabei handelt es sich um die spitze, lange Variante: „Er ist subtil und filigran im Geschmack

– mehr als Parmesan, Salz, Olivenöl und Zitrone braucht es für die Zubereitun­g nicht.“Bei uns ist freilich die runde Sorte Rosso di Chioggia (auch Palla Rossa genannt) öfter anzutreffe­n.

Die Frische des Salats erkennen Sie an einem knackigen Strunk und fest verschloss­enen Blättern. Es gibt übrigens Tricks, wie man die Bitterkeit – sofern gewollt – abschwäche­n kann: Hierfür müssen lediglich die weißen Blattrippe­n entfernt werden, da sie besonders intensiv sind. Auch das Einlegen der Blätter für eine halbe Stunde in lauwarmes Wasser mildert ein wenig ab.

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