Kurier

Eisbaden ist in FinnischLa­ppland die Kür. Sauna ist die Pflicht

- VON MARIA GURMANN

Dieses Wochenende startet die Saison der Nordischen Kombiniere­r in Ruka. Der Winterspor­tort in Finnisch-Lappland mit seinen Bergen, Flüssen, Seen und Wäldern ist auch beliebtes Reiseziel vieler Aktivurlau­ber. Für Abwechslun­g sorgen kulinarisc­he Köstlichke­iten und die einzigarti­gen Rauch-Saunas

Rentier- und Huskyschli­ttenfahrte­n, viel Schnee und Kälte, Mitternach­tssonne und Polarlicht. Das sind die ersten Schlagwort­e, die man mit Lappland verbindet. Aber das Land hat mehr zu bieten. Hier hat die Natur das Sagen. Die schneeweiß­en Straßen schlängeln sich Hunderte Kilometer durch die märchenhaf­te Landschaft – kein Streusalz, kein Rollsplitt, kein Gatsch. Nur Reifen- oder Schlittens­puren. Wer hier wandert, sollte sich nie allein auf den Weg machen, Hilfe wäre, wenn überhaupt per Handy erreichbar, im Unglücksfa­ll weit weg. Lappland ist eine Marke, die Reisenden neben der Märchenlan­dschaft perfekt organisier­te Abenteuer verspricht und hält. Auch wenn Kuusamo und Ruka eigentlich nicht mehr zu Lappland gehören, für die Werbung nutzt man den Beinamen trotzdem gerne.

Aktivurlau­ber haben die Qual der Wahl. Was hier, nur fünfzig Kilometer von der russischen Grenze entfernt, geboten wird, kann man kaum in ein paar Tagen bewältigen. Also ist die Devise der kleinen Gruppe aus Österreich, Neues auszuprobi­eren: Eiskletter­n. Vier Frauen, zwei Männer, jung und älter, sportlich und weniger sportlich.

„Kein Problem, ihr werdet alle euer Erfolgserl­ebnis haben. Wir rüsten euch aus, sichern euch und zeigen die Tricks, wie es funktionie­rt.“Liisa, die geprüfte Kletterleh­rerin im kleinen Skigebiet Ruka, verteilt Helme, Bergschuhe, Steigeisen, Gamaschen und Eispickel. Dann stapfen alle im Gänsemarsc­h einen Steilhang entlang bis zur achtundzwa­nzig Meter hohen Eiswand. „Da sollen wir hinaufkomm­en?“, fragen einige. „Kein Problem“, beruhigen Liisa und ihr Kollege Jussi, während sie allen die Sicherheit­sgurte anlegen. „Wichtig ist, sich mit der Steigeisen-Fußspitze fest ins Eis im Neunzig-GradWinkel zu verankern, dann die Eispickel weit oben einschlage­n und wie beim Stufenstei­gen hinauf.“Erst aufgeregt, dann beglückt. Immer weiter hinauf, die Anstrengun­g vergessend. Das Abseilen ein Spaß, der Muskelkate­r am nächsten Tag eine Genugtuung.

Der Wilde mit seiner Maschin’

Das nächste Abenteuer, nicht weniger aufregend für Nicht-Biker, ist das Motorschli­ttenfahren. Wieder sorgen Overall, Boots, Handschuhe, Helm und Einschulun­g für Sicherheit. Und die Griffe des Ski-doos sind sogar beheizt. Kai, rund und rotbackig, wird diese Tour leiten. Wie der klassische Harley-Fahrer sieht er aus. Während der Teepause im – für Samen typischen – Zelt (Kota) zeigt Kai seine romantisch­e Seite. „Manchmal gehe ich im Sommer in der Nacht, wenn die Sonne scheint, alleine fischen. Kein

Mensch weit und breit. Die Vögel singen. Man sieht Bären und Rentiere. Du fängst einen Fisch, machst Feuer und brätst ihn. Das ist Leben in der Natur.“Seine Begeisteru­ng kommt von Herzen. Je 120 Touren pro Saison – von Wildwasser­rafting im Sommer bis Motorschli­ttenfahrte­n im Winter – leitet er.

Die Luft in der Region Kuusamo, umgeben von fünf Nationalpa­rks, zählt zu einer der saubersten weltweit. Die vielen Wanderwege (im Winter mit Schneeschu­hen begehbar), Hängebrück­en und Wasserfäll­e des Nationalpa­rks Oulanka sind beliebt bei Outdoor-Touristen. Wie Ralf, der aus der Steiermark kam, sich in Lappland – und später in eine Finnin – verliebte und blieb. Sechs Jahre ist es her, dass der Biologie- und Germanisti­k-Student in Kuusamo als ausgebilde­ter Internatio­nal Wilderness Guide lebt.

Bei einer Schutzhütt­e, die mit Holz für jeden Wanderer bestückt und einer Feuerstell­e im Freien ausgestatt­et ist, macht er Rast. Ralf packt eine eiserne, verrußte Teekanne und Kekse für seine Schneeschu­hwandergru­ppe aus dem Rucksack, zeigt zur verschneit­en Hängebrück­e und sagt: „Schaut, da taucht eine Wasseramse­l, der einzige Singvogel, der tauchen kann, in den Fluss.“

Das Land der drei Millionen Saunen

Wer nicht in der Sauna war, war nicht in Finnland. Die traditione­lle Sauna, in der man den Rauch wirklich fühlen und schmecken kann, ist die SmokeSauna. Wenn ein Finne schwärmeri­sch von seiner „rantasauna“(Ufersauna) erzählt, könnte man meinen, er spricht von seiner Geliebten.

Die 7*-Rauchsauna am See von Sirpa, Katja und ihrer Großmutter Sirkka in Kuusamo ist nicht nur für Finnen ein Highlight. Ferienwohn­ungen, Kochkurse traditione­ller Gerichte, ein Restaurant und die Rauch-Sauna im Isokenkäis­ten Klubi sind einzigarti­g. Seit Tim Mälzer die Starköche Peter Maria Schnurr und Roland Trettl zur Challenge für die Kochserie „Kitchen Impossible“zu Sirpa nach Lappland schickte, um ihren Flammlachs nachzukoch­en, ist der Familienbe­trieb noch bekannter.

Was gibt es Schöneres, als sich nach Eiskletter­n und Schneeschu­hwandern in der Sauna, die sechs Stunden lang mit Birkenholz auf achtzig Grad aufgeheizt werden muss, aufzuwärme­n. „Wir Finnen waschen uns in der Sauna, Babys werden in der Sauna geboren, Verstorben­e vor dem Begräbnis in der Sauna gewaschen“, erklärt Sirpa, bevor sie dicke Wollsocken verteilt, mit denen die Gäste nach dem Sauna-Gang über einen Steg zum See gehen. Und da, vor dem Eisloch im See, geht es den Gästen aus Österreich wie zuvor bei der Eiswand. Große Überwindun­g, gefolgt von großem Glücksgefü­hl.

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Wer in Lappland unterwegs ist, dem laufen täglich Rentiere über den Weg. 160.000 Tiere, die im Besitz von 4.400 Rentierzüc­htern sind, streifen dort durch die Wälder

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