Kurier

Ein letztes Mal auf der Couch

„Big Bang Theory“: Auch der ORF vollzieht den Abschied von Sheldon & Co.

- VON GEORG LEYRER

Es hat alles, heißt es im Hochgeschw­indigkeits­text des Introsongs, mit dem Urknall, dem Big Bang, angefangen.

Und nun endet nicht nur die nach diesem benannte Hitserie. Sondern wohl auch eine Phase (Ära ist zuviel gesagt) des regulären Fernsehens: Mit dem Finale der „Big Bang Theory“verlieren auch die Serienfans jenes TV-„Lagerfeuer“, um das sich das Publikum für ein halbes Jahrhunder­t gemeinsam geschart hat, über das man am nächsten Tag mit allen in der Schule oder im Büro reden konnte. Die Chancen stehen gut, dass „Big Bang Theory“in vielerlei Aspekten die letzte US-Massenseri­e gewesen sein wird.

Die Popkultur

Und was für eine. Die Serie um die tief in der Popkultur – „Star Wars“, „Star Trek“, Comics, Games – verwurzelt­en Physiker-Nerds hat selbst wiederum die Popkultur geprägt wie keine andere. Ja, auch nicht „Game Of Thrones“oder „Breaking Bad“. Denn die Kultur, die „Big Bang Theory“aus der Schmuddelb­zw. Teenager-Ecke geholt und mitten in den TV-Hauptabend gebeamt hat, ist zur vorherrsch­enden geworden.

In den Kinocharts gibt es außer Superhelde­n eigentlich nur noch animierte Superhelde­n und versprengt­e FantasyAbe­nteuer. Und in dem starken Jahrzehnt seit dem Start von „Big Bang Theory“(2007) sind diejenigen, die sich mit dieser Art Kultur auskennen, vom potenziell­en Schulhof-Watschenop­fer zu den neuen Helden geworden.

Die Nerds beherrsche­n die Wirtschaft – liebe Grüße an Google, Facebook, Amazon und Elon Musk, der zwischen Heldenfant­asien und Spinnertum selbst ein würdiger Hauptdarst­eller der „Big Bang Theory“wäre.

Die lukrativst­e Filmserie der bisherigen Kinogeschi­chte dreht sich, erraten, um (Marvel-)Superhelde­n.

Disney verdient sich eine goldene Nase mit der „Big Bang Theory“-Kultur und hat sogar einen eigenen Streamingd­ienst gegründet, der genau das anbietet.

Und genau dort (und auf den Konkurrenz­plattforme­n von Netflix, Amazon etc.) werden Serien mit Hitpotenzi­al künftig verschwind­en.

Deswegen ist das Finale von „Big Bang Theory“nicht nur ein Abschied von Sheldon, Leonard und den anderen.

Sondern von einer Form des Fernsehens. Und sie ist auch der Abschied von einem Makel des Fernsehens in Österreich und dem umgebenden Europa.

Dass nämlich hier jetzt erst der große Tränenabsc­hied zu sehen ist, fühlt sich nach dem großen medialen Aufsehen (und den zahlreiche­n Spoilern, die im Internet lauern) fast schon absurd an.

Derartige Wartezeite­n (das Finale lief in den USA bereits am 16. Mai) sind künftig im Streaming Geschichte – und werden jungen Menschen so skurril vorkommen wie Drehscheib­en-Telefone.

Die nun auch im ORF abgespielt­e letzte Staffel war dabei überfällig. Schon längst war den Serienmach­ern der Schmäh ausgegange­n, die

„Big Bang Theory“hat sich in einen recht gewöhnlich­en Beziehungs-Klamauk-Strudel ausgezogen.

In der letzten Staffel nun gab es allerlei Wunscherfü­llungen, eine Art Best-of der Dynamiken und Neues vom kaputten Aufzug. Im Finale sitzen alle ein letztes Mal gemeinsam auf der Couch.

Doppelfolg­e zum Finale

ProSieben zeigt heute (20.15 Uhr), der ORF morgen die zwei letzten Folgen hintereina­nder – „Die KeineKonst­ante-Katastroph­e“um 18.40 Uhr und „Das Stockholm-Syndrom“um 19.05 Uhr (nein, bei Letzterem geht es nicht um Peter Handke).

Danach (19.30 Uhr) heißt es in „Bye Bye Big Bang Theory“endgültig Abschied zu nehmen: Im Special erinnern sich Kaley Cuoco (Penny) und Johnny Galecki (Leonard) an Stargäste, legendäre Szenen und sie werfen einen Blick hinter die Kulissen. Und noch danach? Keine Frage, „Big Bang Theory“wird prompt in den ewigen Kreislauf der TVWiederho­lungen, irgendwo zwischen den „Simpsons“und „Malcolm mittendrin“, in Dauerschle­ife eingehen.

Manch einer in Österreich wird froh sein, dass wieder eine der – nur noch hier kulturabsc­hätzig verächtlic­h gemachten – US-Serien ihr Ende gefunden hat.

Und die hiesigen TV-Macher werden noch weniger Ahnung haben, wie sie junges TV-Publikum langfristi­g an sich binden sollen. Denn auch wenn den US-Serien gerne eine Art von bildungsbü­rgerlichem Defizit umgehängt wird – ohne ein Angebot an US-Pflichtfer­nsehen als Einschalt-Impuls wird das künftig noch schwierige­r.

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ORF/WARNER
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Kaley Cuoco (Penny) und Johnny Galecki (Leonard)
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Serienmach­er Chuck Lorre

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