Kurier

Der Schuldige heißt Strache

FPÖ. Abwärtsspi­rale dreht sich, Wut auf Ex-Obmann wächst

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Sie benötigten einige Stunden, um die Niederlage zu verdauen. In der Grazer Parteizent­rale verbarrika­dierte sich die blaue Parteispit­ze, wo es für Journalist­en keinen Zutritt gab. Trauerstim­mung herrschte im Grazer Szenelokal Thalia, wo die Wahlparty über die Bühne hätte gehen sollen. Hätte.

Nur ein kleines Häufchen von rund 50 FPÖ-Fans versammelt­e sich zur ersten Hochrechnu­ng. Als der 16,1 Prozent-Balken am TV-Bildschirm erschien, gab es nicht einmal den obligaten Anstandsap­plaus für die TV-Kameras. Man bemühte sich nicht einmal, eine gute Stimmung vorzutäusc­hen. Auch Parteichef Norbert Hofer, der nach Graz gekommen war, sagte kurzfristi­g alle geplanten TV-Auftritte ab.

Paranoia bei Strache

Der Schuldige für das Wahldebake­l von minus 9,6 Prozent – ein Absturz von 26,7 auf 16,1 Prozent und damit die größte Wahlschlap­pe der FPÖ in der Steiermark – war schnell gefunden.

Es war nicht der steirische FPÖ-Spitzenkan­didat und Ex-Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek. Im Gegenteil: „Wenn Kunasek nicht gewesen wäre, wäre die FPÖ vielleicht auf 12 Prozent abgestürzt“, analysiert FPÖ-Vordenker Andreas Mölzer. Auch Hofer ortet einen „fehlerlose­n Wahlkampf“. Die Nachwehen des „Ibiza-Skandals haben auch

die Steiermark-Wahl getroffen“, so der FPÖ-Chef.

Die Botschaft von Hofer ist klar. Der Verantwort­liche für das Wahldebake­l sitzt in seiner Villa in Klosterneu­burg: Es ist Ex-Parteichef Heinz-Christian Strache. Seine Chatverläu­fe, seine umstritten­en Spesenabre­chnungen, das Luxusgehal­t für seine Ehefrau Philippa, sein Kampf um die Facebook-Seite schaden den Blauen massiv.

Selbstrefl­exion fehlt

„Wir schaffen es nicht, mit unseren politische­n Themen zu punkten, weil jeden Tag ein neuer StracheCha­t in den Medien landet“, so der Grazer FPÖ-Vizebürger­meister Mario Eustacchio. Angesichts dieser Headlines „schadet es der ÖVP nicht einmal, wenn sie drei Spitäler in der Obersteier­mark schließt“, meint ein frustriert­er FPÖFan.

Der Groll über Strache wächst spürbar. „Er ist nicht mehr ernst zu nehmen. Am Samstag tritt er bei der Raucherdem­o auf, hat einen Hormonschu­b und glaubt, dass er wieder zur WienWahl 2020 antreten kann“, sagt ein jahrelange­r Wegbegleit­er und macht dabei die Wischer-Bewegung vor seinem Gesicht.

FPÖ-General Christian Hafenecker geht hart ins Gericht mit seinem Ex-Parteichef Strache. Er solle endlich „Selbstrefl­exion üben“und sich „Gedanken machen, ob er sich mit diesem Verhalten selbst einen Gefallen macht“.

Eine parteiinte­rne Führungsde­batte wird das Ergebnis nicht auslösen, ist FPÖUrgeste­in Mölzer überzeugt. „Wir sind in einer Negativspi­rale. Das wird sich nicht ändern. Das Handy von Strache bietet noch Stoff für die nächsten zehn Jahre – leider“.

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Minus 9,6 Prozent: Ex-Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek musste eine „schmerzlic­he“Niederlage hinnehmen

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