Nur sehr viel Mut kann die SPÖ noch retten
„Mein sozialdemokratisches Herz blutet Tag für Tag.“Wenn einer wie Peter Kaiser, also ein Landeshauptmann, der über die Jahre vor allem mit Rationalität und Pragmatismus von sich reden machte, so viel Emotion in einen Brief an den gesamten Bundesparteivorstand packt, ist klar: Kaiser macht sich nicht einfach nur ein bisserl Sorgen um die SPÖ, nein, er leidet schon wie der sprichwörtliche Hund.
Mindestens ebenso spannend wie Kaisers emotionaler Ausbruch ist, was der Kärntner von sich und der Partei in dem sechsseitigen Schreiben fordert. So schreibt er: „Lassen wir nicht zu, dass eine Diskussion über Grundeinkommen, eine Grundsicherung, von anderer Seite als unrealistisch bezeichnet und damit verhindert wird.“
Vielleicht ist es nur ein Zufall. Aber erst vor wenigen Tagen hat der deutsche Politikwissenschafter Felix Butzlaff der SPÖ bei einem Kongress in Wien de facto genau dasselbe ins Stammbuch geschrieben. Butzlaff erklärt die Krise der Sozialdemokratie unter anderem damit, dass man sich zu lange auf die politische Machbarkeit konzentriert hat. „Ihr Denken endet offenbar dort, wo auch das Regierungshandeln aufhört. Konzepte müssen ausgefeilt und ‚umsetzbar‚ sein, bevor man sich traut, öffentlich über sie zu sprechen.“
Frei auf die SPÖ übersetzt heißt das: Die Roten brauchen schleunigst mehr Mut. Sie müssen klarer, schärfer und kompromissloser sagen, was sie wollen. Und sie dürfen sich nicht dadurch verunsichern lassen, ob ihre Ideen sofort und zu 100 Prozent umsetzbar sind.
Das ist zweifellos eine riskante Strategie. Doch mit einem Blick auf die Ergebnisse bei den jüngeren Wahlen muss man sagen: Was hat sie noch zu verlieren, die SPÖ?