Kurier

Nur sehr viel Mut kann die SPÖ noch retten

- VON CHRISTIAN BÖHMER christian.boehmer@kurier.at

„Mein sozialdemo­kratisches Herz blutet Tag für Tag.“Wenn einer wie Peter Kaiser, also ein Landeshaup­tmann, der über die Jahre vor allem mit Rationalit­ät und Pragmatism­us von sich reden machte, so viel Emotion in einen Brief an den gesamten Bundespart­eivorstand packt, ist klar: Kaiser macht sich nicht einfach nur ein bisserl Sorgen um die SPÖ, nein, er leidet schon wie der sprichwört­liche Hund.

Mindestens ebenso spannend wie Kaisers emotionale­r Ausbruch ist, was der Kärntner von sich und der Partei in dem sechsseiti­gen Schreiben fordert. So schreibt er: „Lassen wir nicht zu, dass eine Diskussion über Grundeinko­mmen, eine Grundsiche­rung, von anderer Seite als unrealisti­sch bezeichnet und damit verhindert wird.“

Vielleicht ist es nur ein Zufall. Aber erst vor wenigen Tagen hat der deutsche Politikwis­senschafte­r Felix Butzlaff der SPÖ bei einem Kongress in Wien de facto genau dasselbe ins Stammbuch geschriebe­n. Butzlaff erklärt die Krise der Sozialdemo­kratie unter anderem damit, dass man sich zu lange auf die politische Machbarkei­t konzentrie­rt hat. „Ihr Denken endet offenbar dort, wo auch das Regierungs­handeln aufhört. Konzepte müssen ausgefeilt und ‚umsetzbar‚ sein, bevor man sich traut, öffentlich über sie zu sprechen.“

Frei auf die SPÖ übersetzt heißt das: Die Roten brauchen schleunigs­t mehr Mut. Sie müssen klarer, schärfer und kompromiss­loser sagen, was sie wollen. Und sie dürfen sich nicht dadurch verunsiche­rn lassen, ob ihre Ideen sofort und zu 100 Prozent umsetzbar sind.

Das ist zweifellos eine riskante Strategie. Doch mit einem Blick auf die Ergebnisse bei den jüngeren Wahlen muss man sagen: Was hat sie noch zu verlieren, die SPÖ?

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria