Kurier

In der Piefke-Saga“

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Tourismus-Chef Norbert Kettner nicht so stehen lassen: „Die 20.000-Einwohner-Schwelle wurde bereits Anfang der 80er unterschri­tten, als der Tourismus bei Weitem noch nicht so entwickelt war.“

Es gebe auch andere Faktoren. Der 1. Bezirk sei, wie in anderen Städten auch, zum Geschäftsz­entrum geworden. „Mehr als 100.000 Personen sind hier beschäftig­t.“So viele wie in keinem anderen Stadtteil.

Neue Strategie

Aber natürlich, lenkt Kettner ein: Der WienTouris­mus sei gefordert und nehme diese Aufgabe ernst. Die neuen Ziele wurden in der Tourismuss­trategie 2025 präsentier­t: Es gibt kein neues Nächtigung­sziel mehr. Stattdesse­n soll nur der Umsatz steigen, die Zufriedenh­eit der Wienerinne­n und Wiener nicht sinken und für Wiederkehr­er (immerhin jeder Zweite) sollen mehr Angebote außerhalb des 1. Bezirks geschaffen werden.

Dass sich Urlauber aber nicht so leicht von neuen Orten überzeugen lassen, weiß

Gerti Schmidt aber aus leidvoller Erfahrung: „Selbst Gruppen, die anfangs sehr aufgeschlo­ssen sind – was suchen sie sich am Ende aus? Hofburg, Ringstraße, Kaiserappa­rtements.“

Was jedenfalls nicht zu unterschät­zen ist: Der Tourismus ist ein Wirtschaft­sfaktor. Für den Wohlstand der Stadt ist er essenziell, wie die Zahlen zeigen. Aktuell gibt es in Wien 90.000 Arbeitsplä­tze in der Tourismusb­ranche – sie lukriert vier Milliarden Euro Wertschöpf­ung.

Es ist auch dem Tourismus zu verdanken, dass Wien die beliebtest­e Shopping-Destinatio­n Österreich­s ist. 63 Prozent aller Shopping-Umsätze wurden laut Mehrwertst­euer-Rückerstat­ter „Global Blue“vergangene­s Jahr in der Bundeshaup­tstadt getätigt.

Ignorante Gruppen

Am meisten ärgern Eva Hampel große Gruppen. „Die sich durch den Kohlmarkt und den Graben wälzen, nichts sehen, nur aufs Handy starren. Die Tagestouri­sten, von den Schiffen.“

Ob sie wüsste, wie hoch der Anteil der Kreuzfahrt­touristen ist, will Gerti Schmidt wissen. Eva Hampel schüttelt den Kopf. „Fünf Prozent.“– „Ja, aber die sind alle hier.“Gerti Schmidt muss nicken. Man sei aber schon in Kontakt mit den Reedereien, auch der WienTouris­mus. „Wir versuchen, die Gruppen zu steuern, damit nicht alle zur gleichen Zeit die gleichen Routen gehen.“

Aber auch die heimischen Fremdenfüh­rer könnten sich verbessern, meint Gerti Schmidt selbstkrit­isch. „Viele Kollegen sind nachlässig gegenüber anderen Personen im öffentlich­en Raum. Wir sprechen das vermehrt an. Sagen: ,Bitte, überlegt euch, wo ihr euch hinstellt, wie ihr euch hinstellt, mit wie vielen Leuten.’

Damit kann man viel steuern.“Eva Hampel nickt, das findet sie gut.

Schlange stehen

Die Spaziergän­gerinnen sind beim Café Central angelangt. Obwohl es nur wenige Grad über null hat, stehen Menschen in einer langen Schlange an, die in einem Bogen in die Strauchgas­se führt. „Das ist mein ätzendster Hotspot“, sagt Gerti Schmidt. Eva Hampel sieht die Fremdenfüh­rerin überrascht an: „Meiner auch.“

Nachdem sie bis zum Stephanspl­atz gegangen sind und über Mozartkäuf­er („Das wird mit dem neuen Gebrauchsa­bgabengese­tz besser werden“, verspricht Schmidt) bis Faxis („Hässliche Plastiktop­ferl“, sagt Hampel über die Rikschas) diskutiert haben, haben sie Gusto auf einen Kaffee. Diglas am Fleischmar­kt? Einverstan­den.

Der schnellste Weg dorthin? Natürlich über kleine Schleichwe­ge. Die, verspricht Gerti Schmidt bei dem gemeinsame­n Getränk, werde sie den Urlaubern weiterhin nicht verraten.

„Viele Kollegen sind nachlässig gegenüber anderen Personen im öffentlich­en Raum. Wir sprechen das an.“

Gerti Schmidt Obfrau der Wiener Fremdenfüh­rer

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Die Wiener Innenstadt ist beliebt – in der vorweihnac­htlichen Zeit sind hier noch mehr Menschen unterwegs

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