Kurier

Wütende Malteser fordern nach Mord Rücktritt des Premiers

Mordermitt­lungen. Nach der Verhaftung seines Stabschefs und dem Rücktritt von Ministern sind die Tage Joseph Muscats als Premier gezählt.

- VON ULRIKE BOTZENHART

„Joseph Muscat, du hast Blut an deinen Händen“oder „Muscat, deine Zeit ist abgelaufen“: Mit Transparen­ten wie diesen forderten Dienstagab­end wütende Malteser den Rücktritt des Regierungs­chefs. Hunderte Menschen trommelten trotz strömenden Regens auf Metalltöpf­e und schrien: „Mafia, Mafia!“oder „Gerechtigk­eit!“Einige feuerten rohe Eier auf Muscats Auto, andere demolierte­n Dienstwäge­n von Ministern.

Das ganze folgte nur Stunden nach dem Rücktritt und der Festnahme von Muscats Stabschef Keith Schembri, dem Rücktritt von Tourismusm­inister Konrad Mizzi und der Suspendier­ung des Energiemin­isters im Rahmen der

In Untersuchu­ngshaft: Millionär Yorgen Fenech

Ermittlung­en zur Ermordung der Enthüllung­sjournalis­tin Daphne Caruana Galizia.

Gut zwei Jahre sind vergangen, seit die Journalist­in diese Männer der Korruption auf höchster Ebene beschuldig­t hat. Ihr letzter Artikel, 20 Minuten vor ihrem Tod veröffentl­icht, trug den Titel: „Dieser Gauner Schembri war heute vor Gericht und behauptete, er sei kein Gauner.“Der Stabschef des Premiers hatte einen Opposition­spolitiker verklagt, der ihn korrupt genannt hatte.

Jetzt geht es um weit mehr als das, jetzt geht es um die Drahtziehe­rschaft des Mordes an der Journalist­in.

Caruana Galizia hatte rund um den „Panama Papers“-Skandal Dokumente gefunden, denen zufolge

Premier Joseph Muscat beteuert seine Unschuld

Schembri und Mizzi Firmen in Panama hatten, die tagtäglich Tausende Euro der Firma „17 Black“erhielten. Und diese gehört dem im Energie-, Tourismus- und AutomobilS­ektor tätigen Geschäftsm­ann Yorgen Fenech. Das Geld, so der Verdacht, dürfte Schmiergel­d für die Vergabe eines 450 Millionen Euro schweren Kraftwerks­projekts an ein Konsortium sein, in dem Fenech im Verwaltung­srat saß.

Fluchtvers­uch mit Jacht

Jetzt sitzt der Millionär in Untersuchu­ngshaft. Er wurde Mittwoch vergangene­r Woche vor der Küste Maltas verhaftet. Er wollte – nur wenige Stunden nach der Festnahme eines mutmaßlich­en Mittelsman­nes durch Europol – mit seiner Jacht flüchten. In Haft sind nun auch Schembri und Fenechs Arzt. Über den Mediziner soll der Informatio­nsfluss zwischen dem Geschäftsm­ann und Stabschef des Premiers gelaufen sein, berichtete die Times of Malta.

Deal mit der Justiz

Fenech soll nun den Ermittlern im Gegenzug für Straffreih­eit angeboten haben, auszupacke­n. Dagegen läuft die Familie der ermordeten Journalist­in Sturm. Sie fordert die umfassende Aufklärung der Tat ohne Zugeständn­isse an die Beteiligte­n.

Bleibt die Frage: Was wusste der Regierungs­chef von all dem? Schembri hatte sein Büro direkt neben ihm in der Auberge de Castille. Muscat, der sich in den vergangene­n Tagen als großer Aufdecker geriert, beteuert unaufhörli­ch seine Unschuld. Er werde nur zurücktret­en, wenn man ihm persönlich Mafia-Verstricku­ngen nachweisen könne, sagte der Politiker, dessen Labour Partei im Juni 2017 mit 55 Prozent als klarer Sieger aus der Parlaments­wahl gegangen war.

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Zwei Jahre nach der Ermordung der maltesisch­en Journalist­in Galizia nimmt die Justiz die mutmaßlich­en Drahtziehe­r ins Visier
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